Alte Tankstelle: Die Pflege der Borgwards

Gut 3000 Borgwards rollen noch durch Deutschland. Gepflegt werden viele der Schätzchen von Vater und Sohn Wischnewski.

Bruchhausen-Vilsen. Der Verkehr braust an der alten Tankstelle vorbei, moderne Autos, die vom Antiblockiersystem bis Bluetooth alles an Bord haben. Die meisten Fahrer nehmen von der alten Werkstatt am Straßenrand im niedersächsischen Bruchhausen-Vilsen keine Notiz. Wer aber durch die Tür tritt, macht einen Zeitsprung in die 50er Jahre, in die Welt von Arabella, Goliath und Lloyd Alexander. Volker Wischnewski (41) und sein Vater Wolfgang (74) sind Hüter der vielleicht letzten Werkstatt, die ganz auf Autos des Bremer Borgward-Konzerns spezialisiert ist.

Sie restaurieren, reparieren und pflegen Autolegenden, deren Produktionszeit die Mehrheit der Deutschen gar nicht erlebt hat. Denn die Borgward-Werke gingen 1961 in den Konkurs. Heute produziert Mercedes auf dem Werksgelände in Bremen-Sebaldsbrück.

Der Junior kennt zu jedem Auto Geschichte und Geschichten. So zum schwarzen Hansa 1800, Baujahr 1954, der aus letzten Teilen von Hand zusammengebaut wurde, weil auf dem Fließband schon die ersten Isabellas gefertigt wurden. „Den hat der Erzbischof von Granada gekauft“, erzählt Wischnewski. Über wie viele Ecken das Auto wieder in die Nähe von Bremen kam, weiß der Himmel. Der Hansa soll einen neuen Motor bekommen, ein 50-PS-Diesel, der bisher nur auf einem Borgward-Prüfstand gelaufen war.

Die beiden Borgward-Spezialisten eroberten ihre Marktnische erst im Laufe der Zeit. Wolfgang Wischnewski hatte die Tankstelle mit Werkstatt vor mehr als 40 Jahren gekauft und eine Weile lang selbst betrieben. Anschließend war das Gebäude bis 1999 verpachtet. „Dann stand ich vor der Wahl, Abriss oder Verkauf.“ Entschieden habe er sich schließlich aber dafür, gemeinsam mit seinem Sohn die freie Werkstatt für Borgward-Autos aufzumachen. „Es ist die Faszination nicht nur der Autos, sondern auch des Konzernchefs Carl F.W. Borgward“, sagt der Juniorchef. Wenn man sich mit den Fahrzeugen beschäftige, komme man dahinter, dass er leider Autos zu konstruieren und zu verbessern für wichtiger hielt als Autos zu verkaufen.

Die Arbeit wird den Borgward-Liebhabern so bald nicht ausgehen. So wartet ganz hinten in der Halle ein Borgward Hansa 2400 Sport von 1953, von dem nur etwa 750 Exemplare gebaut wurden, auf seine Restaurierung. Der Wagen habe einem britischen Offizier gehört, erzählt Volker Wischnewski. Sein Vater kommt hinzu, guckt den Veteranen kurz an und meint trocken: „Den habe ich als Lehrling mal gewaschen.“

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