Ätzende Säure fließt nach Tankerunglück in Rhein

St. Goarshausen (dpa). Ätzende Schwefelsäure fließt seit Montag kontrolliert aus dem gekenterten Tankschiff an der Lorely in den Rhein. Die Aktion soll verhindern, dass der Tanker zerbricht.

Bei einem Auseinanderbrechen der „Waldhof“ hätte eine unkontrollierte Reaktion der Säure mit dem Rheinwasser gedroht, teilte die Pressestelle „Havarie Loreley“ mit. Der Schiffsverkehr wird unterdessen an der Unglücksstelle vorbeigeleitet. Der Stau von zeitweise mehreren hundert Schiffen hat sich so gut wie aufgelöst.

Mit dem Ablassen der Säure begannen die Bergungskräfte, weil das begonnene Abpumpen auf ein anderes Schiff nur langsam voranging. Das nötige Spezialschiff dafür wird erst an diesem Dienstag wieder an der Unglücksstelle erwartet. Nach Angaben eines Sprechers könnten im schlimmsten Fall rund 900 Tonnen Schwefelsäure in den Rhein abgelassen werden. Größere Auswirkungen auf das Ökosystem habe das Ablassen der Chemikalie zunächst nicht gehabt. Die Veränderungen des pH-Wertes seien günstiger als erwartet, hieß es. „Negative Auswirkungen auf die Gewässerökologie sind somit nicht zu erwarten.“

Auch der Chemiker Martin Keller von der Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz betonte, dass ein langsames Austreten von Schwefelsäure kein Fischsterben befürchten lasse. „Das hat keine Auswirkungen auf die Fische“, sagte er der dpa am Abend. Der normale pH-Wert im Rhein beträgt etwa 8,0 bis 8,1. Zwei Stunden nach dem Start der Säureeinleitung wurde laut Pressestelle in 200 Metern Abstand zum Tanker „Waldhof“ ein pH-Wert von 6,2 gemessen, in 400 Metern Entfernung 7,2. Das Wasser habe sich nicht messbar erwärmt. Auch die Trinkwassergewinnung sei nicht gefährdet.

Am Wochenende war nahe der Loreley ein Teil der Schwefelsäure aus dem Tanker in ein anderes Schiff umgepumpt worden. Dadurch sackte den Angaben zufolge der Bug des Havaristen etwa 20 Zentimeter in eine Mulde im Flussbett ab. Der Schiffsrumpf verdrehte sich, aufgrund der enormen Spannung entstanden Beulen an dem Tanker. Die „Waldhof“ drohte bei einer weiteren Bewegung auseinanderzubrechen. Die Sicherheit der Bergungskräfte sei so nicht mehr gewährleistet, hieß es. Bei einer unkontrollierte Reaktion der Säure mit dem Wasser würde starke Hitze entstehen, es könnte gefährliche Fontänen geben.

Laut Plan werden nun maximal 80 Tonnen der Säure pro Stunde in den Rhein abgelassen, was 12 Litern pro Sekunde entspricht. Derzeit fließen pro Sekunde etwa 1,6 Millionen Liter Wasser den Strom hinunter. Die Schwefelsäure werde deshalb schnell neutralisiert, erklärten die Behörden.

Der Tanker hatte bei der BASF in Ludwigshafen 2400 Tonnen Säure geladen. Die Experten glauben, dass seit der Havarie rund 900 Tonnen ausgetreten sind, vermutlich durch Ventile. Ein Teil der Ladung soll auch weiterhin umgeladen werden, betonte ein Behördensprecher.

Schwefelsäure zählt zu den aggressivsten Säuren. Experten stufen sie als schwach wassergefährdend ein. Unterhalb der Unfallstelle überwacht ein Laborschiff die Aktion. Die „Waldhof“ war am 13. Januar aus nach wie vor ungeklärter Ursache gekentert. Zwei Bootsleute werden seitdem vermisst. Am Montagabend hieß es, die erneute Suche nach ihnen sei am Nachmittag ergebnislos abgebrochen worden. Mitgliedern der Technischen Einsatz-Einheit der Bereitschaftspolizei Rheinland-Pfalz sei es nicht gelungen, in die völlig zerstörten, noch unter Wasser stehenden Wohnräume des Havaristen zu gelangen.

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