„Habe auf den Teufel gehört“

Ali Kur, der mutmaßliche Mörder von Kardelen, schiebt die Tat auf seinen Schwiegervater.

Söke. Zehn Monate nach dem Mord an der achtjährigen Kardelen aus Paderborn ringt ihre Mutter in einem türkischen Gerichtssaal mit dem nicht endenden Schmerz über den Verlust des Kindes. Nur wenige Meter von dem mutmaßlichen Täter Ali Kur entfernt sitzt sie. Sie weint ohne Unterlass, schnappt nach Luft. Ihr Mann greift sich ans Herz. Er mag nicht glauben, welche Version Ali Kur dem Richter als Tathergang auftischt.

"Ich hab es ganz sicher nicht getan", sagt Ali Kur auf mehrfache Nachfrage des Richters am Freitag. Er will seinen Schwiegervater, der ihn später in der Türkei aufgespürt hatte, an jenem 12. Januar auf frischer Tat und noch über der Leiche des Mädchens ertappt haben. Dann aber sei er unter Druck gesetzt worden. Er habe die Leiche in einem Koffer verstaut und sie mit Taxi und Zug zum Möhnesee gebracht. Seine Frau habe ihn begleitet. Kur sagt, er habe aus Liebe zu ihr beim Wegschaffen der Leiche geholfen.

Kurs Frau hat in einer früheren Vernehmung eine ganz andere Version zu den Akten gegeben, wie der Richter vorträgt. Demnach habe ihr Mann sie kreidebleich empfangen und gesagt: "Ich habe auf den Teufel gehört." Die Leiche Kardelens war in der gemeinsamen Wohnung. Sie habe ihn gefragt, ob er sich an dem Mädchen vergangenen habe. Dies habe er bestätigt. Kur habe früher schon Kinderpornos geschaut und sich Gewaltfantasien hingegeben. Einmal habe es im Fernsehen eine Vergewaltigungsszene gegeben, und ihr Mann habe gesagt, er wäre gern einmal in der Rolle des Vergewaltigers.

Rumoren geht durch die Zuschauerbänke, wo auch aus Paderborn angereiste Verwandte und Bekannte der Familie des Opfers sitzen. "Hundesohn", "Bastard" und "Hast Du keine Eltern?" rufen Angehörige. "So jemand wird von der türkischen Justiz auch noch als Mensch behandelt", sagt Kardelens Vater. "Wir müssen ihn als Menschen behandeln. Jeder Angeklagte hat ein Recht, sich zu verteidigen", erklärt ihm der Richter. Er stellt aber auch fest, dass Ali Kur ungeachtet seiner Version unter "dringendem Tatverdacht" steht. "Es gibt keine DNA-Spuren vom Schwiegervater. Es sind nur deine DNA-Spuren an der Leiche."

Bei der Fortsetzung des Verfahrens am 10. Dezember soll Ali Kurs Frau persönlich vor dem Gericht erscheinen - notfalls unter Zwang. Der Richter will zudem beantragen, dass der Schwiegervater des Angeklagten in Deutschland vernommen wird oder zur Aussage in die Türkei reist. Die Eltern von Kardelen haben eine lebenslange Haftstrafe für Kur gefordert. "Was er sagt, es ist alles gelogen", sagt Kardelens Mutter

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