81 Tote in der Flammenhölle hinter Gittern in Chile

Santiago de Chile/Buenos Aires (dpa) - In der Feuerhölle eines Gefängnisses im Süden der chilenischen Hauptstadt sind am Mittwoch mindestens 81 Häftlinge einen qualvollen Tod gestorben. 14 Opfer kämpften in Krankenhäusern mit dem Tod.

Riesige Flammen schlugen am frühen Morgen aus den vergitterten Zellenfenstern der Haftanstalt San Miguel, auch das Dach des Blocks fünf war ein einziges Flammenmeer. Dicker schwarzer Qualm quoll aus anderen Fenstern der Haftanstalt. Präsident Sebastián Piñera hatte zwischenzeitlich von 83 Toten gesprochen. Diese Angabe wurde später jedoch korrigiert.

Gesundheitsminister Jaime Mañalich sprach vom vielleicht schwersten Unglück in der Geschichte der chilenischen Strafjustiz. Angehörige, überwiegend Frauen und Mütter der Häftlinge, schrien ihre Verzweiflung, Angst und Ohnmacht Polizisten in Kampfmontur und Journalisten ins Gesicht. „Ich will meinen Sohn sehen“, wimmerte eine ältere Frau unter Tränen immer wieder.

Eingeklemmt hinter Absperrgittern wartete sie ebenso wie hunderte andere Angehörige seit Stunden auf Nachricht über das Schicksal der Häftlinge. Da am Dienstag Besuchstag im Gefängnis San Miguel war, hatten sich schon am frühen Morgen hunderte Menschen vor der Haftanstalt versammelt.

Als Polizeichef Luis Masferrer per Megafon beginnt, die Namen von Überlebenden zu verlesen, reagierten Angehörige mit einem Steinhagel. Polizisten und Journalisten brachten sich hinter Fahrzeugen und Bäumen in Sicherheit. Mehrere Menschen wurden verletzt, darunter ein Kameramann. „Wir wollen wissen, wer gestorben ist, nicht, wer lebt“, schimpfte ein Mann.

Die Katastrophe wurde nach Angaben von Masferrer durch Brandstiftung während eines Streits zwischen Häftlingen ausgelöst. Das Feuer brach nach Angaben eines Überlebenden um 04.40 Uhr morgens aus, die Feuerwehr wurde aber nach eigenen Angaben erst um 05.30 Uhr alarmiert. Und dann dauerte es auch noch etwa eine Stunde, bis die Polizei die Lage in der Haftanstalt soweit geklärt hatte, dass die Feuerwehr ihre Arbeit aufnehmen konnte.

Piñera räumte ein, dass das für 700 Häftlinge ausgelegte Gefängnis mit 1900 Insassen hoffnungslos überbelegt war. Zudem hätten zum Zeitpunkt des Unglücks nur sechs Wärter in dem Gefängnis Dienst gehabt. „Die Lage im chilenischen Strafvollzug ist völlig unhaltbar geworden“, sagte der Staatschef. „Die Situation in den Gefängnissen ist eines Landes, das seine Bürger würdig behandeln will, unwürdig“, fügte er hinzu.

Chile ist das Land Lateinamerikas mit den meisten Häftlingen pro Einwohnern. Etwa 55 000 Menschen sitzen in Gefängnissen, ungefähr noch einmal so viele in anderen geschlossenen Einrichtungen. Piñera, der erst seit kurzem im Amt ist, erinnerte aber auch daran, dass die Krise des Strafvollzugs eine lange Vorgeschichte habe. In den ersten Monaten seiner Regierung seien bereits drei Gefängnisneubauten in Angriff genommen worden, weitere seien in Planung.

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