2011 war das sicherste Jahr der Luftfahrtgeschichte

Paris (dpa) - Jedes Jahr sind mehr Flugzeuge unterwegs - doch das Fliegen wird immer sicherer. Das deutsche Unfalluntersuchungsbüro JACDEC bestätigt mit seiner Bilanz für 2011 einen Trend, den auch schon die Internationale Lufttransportvereinigung IATA in Genf andeutete.

Die zivile Weltluftfahrt ist trotz eines steigenden Verkehrsaufkommens weit von den schrecklichen Unfallbilanzen der 80er und 90er Jahre entfernt, als etwa 1996 mit 2272 Toten ein besonders schwarzes Jahr zu beklagen war.

Die JACDEC-Bilanz (Jet Airliner Crash Data Evaluation Center), die das deutsche Luftfahrtmagazin „Aero International“ veröffentlicht, kommt für 2011 auf 498 Unfalltote im weltweiten kommerziellen Luftverkehr. Fast alle ereigneten sich auf Regionalstrecken von weniger als 500 Kilometern, fast alle bei international kaum bekannten Airlines. Auch wenn jeder Unfall einer zu viel ist, lässt diese Zahl den Luftverkehr unter Sicherheitsaspekten gerade in Relation zu anderen Verkehrsträgern in einem guten Licht dastehen. Zum Vergleich: Allein auf deutschen Straßen starben fast viermal so viele Menschen.

Der positive Luftfahrttrend ist kein Zufall. Die Flugzeuge werden nicht nur technisch immer ausgefeilter, die Überwachungsinstrumente nicht nur leistungsfähiger - auch Piloten werden immer besser auf alle möglichen Eventualitäten vorbereitet. Ebenso sorgfältig wie regelmäßig werden bestimmte Fehlerquellen immer wieder analysiert, um sie künftig auszuschließen. „Zwischen Mitte Oktober und Ende Dezember kam es zu keinem tödlichen Flugunfall. Nie zuvor gab es eine derart lange unfallfreie Zeitspanne im Weltluftverkehr“, jubelt das Magazin.

Klassenprimus im Sicherheitsbereich bleibt Europa. Erstmals in der Geschichte der europäischen Luftfahrt war kein Passagier bei kommerziellen Flügen von europäisch betriebenen Fluggesellschaften ums Leben gekommen, gab die Europäische Flugsicherheitsbehörde EASA bereits Mitte des Jahres den Trend vor. Doch die Experten des JACDEC-Büros warnen vor „einer tickenden Zeitbombe“ auf Europas Großflughäfen: „Die Zahl der Beinahe-Unfälle ging trotz flächendeckend eingesetzter Kollisionswarngeräte nicht spürbar zurück.“

Beeindruckend war 2011 Afrikas Aufholjagd. Lange Zeit galt der Kontinent als Schlusslicht der Luftfahrt-Sicherheitsstatistik. Die Probleme dort sind längst noch nicht alle behoben. Doch mit der Eröffnung einer Agentur für Zivilluftfahrt (ACAA) gab Afrika 2007 den Startschuss für eine Offensive in Sachen Sicherheit, um endlich sein Negativimage loszuwerden. Russland dagegen droht nun der Platz des Klassenletzten. Das Sicherheitsniveau der russischen Luftfahrt gilt als katastrophal. Verantwortlich ist eine Gemengelage von Ursachen: veraltete Maschinen, fehlendes Geld für die Wartung, mangelnde Ausbildung von Besatzungen und Fluglotsen sowie schlechte Infrastruktur - vor allem auf den kleineren Flughäfen in der Provinz.

Die Regierung in Moskau versuchte, mit drastischen Maßnahmen eine Trendwende einzuleiten. Nach dem Absturz einer Jak-42 in Jaroslawl mit 44 Toten - darunter dem Eishockeyteam der Stadt - ließ sie betagte sowjetische Flugzeugtypen verbieten und kündigte neue Sicherheitsstandards an. Doch Beobachter bleiben skeptisch und verweisen auf eine oft nur ungenügende Umsetzung der an sich ausreichenden Sicherheitsvorschriften.

„Auch 20 Jahre nach dem Ende der Sowjetunion ist die Übergangsphase hin zu einer modernen Luftverkehrsstruktur noch nicht vollständig abgeschlossen“, mahnt „Aero International“ - und verweist auf einen Altersrekord bei einem Flugzeugunglück am 8. August 2011: Die verunglückte viermotorige Antonow An-12 war bereits vor 48 Jahren im Frachtverkehr des Sowjetreiches unterwegs.

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