DAK-Studie Wenn das Computerspiel zur Sucht wird

DAK-Studie sieht besonders männliche Teenies gefährdet /Experten fordern Umdenken

Ein Jugendlicher sitzt an seinem Computer und spielt das Computer-Online-Rollenspiel "World of Warcraft". Archivbild.

Ein Jugendlicher sitzt an seinem Computer und spielt das Computer-Online-Rollenspiel "World of Warcraft". Archivbild.

Foto: A9999 Marco Hadem

Berlin. Sie heißen World of Warcraft, League of Legends oder Pokemon Go und üben eine große Faszination auf junge Leute aus. Für manche werden solche Computerspiele allerdings zur Sucht. Jeder zwölfte männliche Heranwachsende ist davon schon betroffen, wie eine aktuelle Untersuchung der Krankenkasse DAK zeigt. Nachfolgend die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:

Für eine krankhafte Computerspielsucht müssen mindestens fünf von neun wissenschaftlich anerkannten Kriterien erfüllt sein. Zum Beispiel, wenn der Spieler ständig an das Spiel denkt, auch am Arbeitsplatz. Oder wenn es zu Entzugserscheinungen (z.B.Reizbarkeit) kommt und die Kontrolle über Häufigkeit und Dauer des Spielens verloren geht. Die ersten Warnsignale würden Betroffene oft gar nicht selbst merken, erläuterte der Ärztliche Leiter des Deutschen Zentrums für Suchtfragen am Uni-Klinikum Hamburg-Eppendorf, Rainer Thomasius. Belastende Erfahrungen machten vor allem die Eltern, wenn sie das Problem bei ihren Kindern ansprächen.

Nach der DAK-Studie, die auf einer repräsentativen Forsa-Befragung in der Altersgruppe der 12- bis 25jährigen Personen beruht, sind 8,4 Prozent der männlichen Kinder und Jugendlichen computerspielabhängig. Bei den Mädchen und Frauen sind es nur 2,9 Prozent. Insgesamt gelten 5,7 Prozent als krankhaft betroffen. Nur etwa jeder Zehnte gab an, nichts mit Computerspielen im Sinn zu haben.

Etwa jeder vierte Computer- oder Smartphone-Spieler ist an Wochentagen jeweils rund eine Stunde damit beschäftigt. Immerhin zwölf Prozent spielen vier Stunden und mehr. Am Wochenende liegen die Zeiten noch deutlich darüber. Krankhaft Betroffene verbringen in der Woche fast drei Stunden täglich mit Computerspielen. Samstags und sonntags sogar jeweils knapp vier Stunden. Macht bezogen auf eine gesamte Woche gut 22 Stunden. Nicht-Spielsüchtige kommen pro Woche im Schnitt auf gut 14 Stunden.

Laut Untersuchung vernachlässigen 46 Prozent der jungen Leute soziale Kontakte zu Freunden oder Familienangehörigen. In der Altersgruppe der 15- bis 17jährigen sind es sogar 69 Prozent. 40 Prozent haben wegen ihrer Computerspiele Streit mit den Eltern. Von den 12- bis 14jährigen sagen das sogar 89 Prozent. Etwa jeder Sechste der Befragten verzichtet wegen Spielsucht auf gemeinsame Mahlzeiten mit der Familie. Unter den 15- bis 17jährigen ist es sogar mehr als jeder Dritte.

Der designierte DAK-Chef, Andreas Storm, nannte die Erkenntnisse "alarmierend". Notwendig sei mehr Aufklärung auch für Eltern und Lehrer. Der Suchtexperte Rainer Thomasius vermisst einen besonderen Schutz vor der exzessiven Nutzung von Computerspielen. So müssten bei der Altersbewertung nicht nur Aspekte von Sexualität oder Gewalt berücksichtigt werden, sondern auch Kriterien, die eine hohe Spielbindung und ein Suchtpotenzial erwarten ließen. Staat "Ab null Jahre" sollte eine Altersfreigabe frühestens ab drei Jahre erfolgen.

Nein. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marianne Mortler, plädiert aber für ein Umdenken. Dafür brauche es Druck aus der Wissenschaft. Eine Behandlung der Computerspielsucht ist freilich jetzt schon möglich. Allein im Uni-Klinikum Hamburg-Eppendorf werden pro Jahr rund 400 Jugendliche speziell therapiert. Die Diagnosen lauten dann "Störungen der Impulskontrolle" oder "Pathologisches Glückspiel".

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