Wearables: Mensch und Technik wachsen zusammen

Berlin (dpa/tmn) - Erst wurde aus dem Handy das Smartphone. Und nun werden auf einmal auch Armbanduhren, Pulsmesser oder Brillen smart. Doch noch ist ungewiss, ob sich die Mikroelektronik an Köpfen, Handgelenken oder auch in der Kleidung durchsetzen wird.

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Braucht man das? Diese Frage steht am Anfang vieler technologischer Umbrüche. Als Mitte der 90er Jahre die ersten Handys kamen, war die Skepsis groß. Mobiles Internet? Vor zehn Jahren noch kein Thema. Und heute stehen viele den sogenannten Wearables skeptisch gegenüber - zumindest wenn man einer Studie der Denkfabrik Diplomatic Council Glauben schenkt. Demnach halten 96 Prozent der 1100 befragten Verbraucher tragbare Elektronik wie Datenbrillen, Fitness-Tracker oder Smartwatches für unnötige Spielerei.

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Aber wie sieht die Zukunft aus?„ Auf lange Sicht werden sich Wearables durchsetzen“, glaubt Nico Jurran, der sich beim „c't“-Magazins mit tragbarer Mikroelektronik beschäftigt.

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Denn Wearables bieten dem Anwender durchaus Vorteile, sagt Timm Hoffmann vom IT-Verband Bitkom. „Smartwatches lagern viele Funktionen des Smartphones an das Handgelenk aus.“ Statt ständig das Telefon aus der Tasche zu ziehen, können Smartwatch-Besitzer Nachrichten und Anrufe über die mit dem Handy verbundene Uhr annehmen oder per Sprachsteuerung andere Handyfunktionen bedienen. Bisher musste man oft Uhr und Smartphone eines Herstellers kaufen. Mit Standards wie dem Smartwatch-Betriebssystem Android Wear ändert sich das gerade.

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Um eine andere Gattung Wearables handelt es sich bei den mit Sensoren gespickten Fitness-Trackern. Sie messen beim Sport den Puls, die zurückgelegte Wegstrecke oder informieren über den Laufstil. „Wenn die Geräte gute Rückmeldungen geben und Handlungsanweisungen beim Training geben, ist das für Sportler ein echter Mehrwert“, sagt Timm Hoffmann. Mit den gesammelten Daten können die Nutzer ihr Training dokumentieren und weiterentwickeln. Und: Solche Armbänder können motivieren. Auch manche Sportuhr geht als Wearable durch, etwa Modelle für Golfspieler mit Green-Karten und Schwung-Training.

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Viele solcher smarter Neuigkeiten wird die IFA in Berlin (5. bis 10. September) bringen. „Auf der IFA werden vor allem Smartwatches und Fitness-Tracker dominieren“, sagt Hoffmann.

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Doch auch Smart-Glasses wie die Google-Brille Glass zählen zu den Wearables. Mir ihr kann man Fotos schießen, navigieren oder per Stimmkommando im Internet suchen - ein verbundenes Smartphone vorausgesetzt. Die Informationen werden per Mini-Display im Sichtfeld des Nutzers angezeigt. „Perspektivisch sind viele Anwendungsbereiche möglich“, sagt Hoffmann. Etwa zusätzliche Informationen zu Kunstwerken in Museen anzeigen, Ärzte bei Operationen unterstützen oder Feuerwehrleuten den Weg durch verrauchte Gebäude weisen. Doch das sind bislang Pilotprojekte, sagt der Experte. „Google Glass steht technisch noch am Anfang.“

Nico Jurran sieht das ähnlich. „Es ist eine lustige Spielerei, aber noch nicht wirklich ausgereift“, sagt er über Googles Datenbrille. Für ihn sind schlaue Uhren und Fitness-Tracker die sinnvolleren Geräte: „Gerade bei den Smartwatches fällt einem nach ein paar Tagen auf, wie praktisch das ist“, sagt er mit Blick auf dem in der Tasche bleibenden Telefon und der immer besseren Sprachsteuerung. Doch die schlauen Uhren kämpfen weiter mit einer Schwäche. „Das Problem ist momentan die Laufzeit“, sagt Jurran. „Die Displays verbrauchen unheimlich viel Strom.“ Für ihn ist auch das ein Grund, warum es bislang nur wenige smarte Uhren und noch kein Apple-Modell gibt.

Bei den Fitness-Trackern sieht die Situation anders aus. „Hier ist die Laufzeit kein Problem“, sagt Jurran. Doch je mehr Technik man sich an den Körper holt, umso mehr Daten werden potenziell auch gesammelt. „Es ist meistens vorgesehen, dass die Daten über irgendwelche Cloud-Server gehen“, sagt er. „Man sollte immer schauen, was der Hersteller damit macht und wo die Daten hingehen.“ Zu einer Verknüpfung von Wearables mit Facebook & Co würde er niemandem raten.

Noch sind längst sind nicht alle Wearables-Konzepte umgesetzt. „Ganz spannend ist smarte Kleidung“, sagt Hoffmann. Dazu gehören etwa Schuhe, die dem Träger per Vibration den Weg weisen, Lauf-Shirts, die Vitaldaten sammeln und in Trainings-Apps aufbereiten oder sogar Kontaktlinsen, die den Blutzuckerspiegel überwachen. Sensoren könnten bald sogar Alltagsgegenstände smart machen. „Ich erwarte mehr Komplettlösungen“, sagt Juran. Etwa Kopfhörer mit eingebauten Puls- und Distanzmessern.

Dass die Wearables den Durchbruch schaffen, davon ist Timm Hoffmann überzeugt. „Langfristig werden sich die Vorteile im Alltag zeigen“, sagt er. Vor 20 Jahren hätten schließlich die meisten auch Handys skeptisch gesehen.

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