Quartalsumsatz sinkt Twitter übertrifft Wachstums-Erwartungen

San Francisco (dpa) - Twitter gibt Anlegern Hoffnung, dass der chronisch verlustreiche Kurznachrichtendienst sein Geschäft allmählich in den Griff bekommt.

Im vergangenen Quartal übertraf Twitter die Erwartungen von Analysten bei Umsatz und Gewinn und steigerte die Zahl monatlich aktiver Nutzer um vier Millionen. Die Aktie legte im frühen US-Handel zeitweise um 14 Prozent zu.

Allerdings musste Twitter auch einräumen, dass seit 2014 die Nutzerzahlen wegen eines Fehlers bei der Auswahl der Datenquellen leicht überhöht dargestellt wurden. Deshalb waren es im zweiten Quartal zum Beispiel 326 Millionen aktive Nutzer statt der zuvor gemeldeten 328 Millionen. Bis Ende September stieg die Zahl nach korrekter Berechnung auf 330 Millionen.

Der Quartalsumsatz sank im Jahresvergleich um gut vier Prozent auf 589,6 Millionen Dollar. Analysten hatten allerdings mit noch etwas niedrigeren Erlösen gerechnet. Unterm Strich ergab sich ein Verlust von gut 21 Millionen Dollar nach einem Fehlbetrag von 103 Millionen Dollar im Vorjahresquartal. Beim bereinigten operativen Ergebnis pro Aktie übertrag Twitter aber die Erwartungen der Börsianer deutlich.

Twitter will sich mit Werbung finanzieren. Es geht dabei vor allem um die Möglichkeit, Geld dafür zu bezahlen, dass Twitter-Beiträge in den Nachrichtenstrom der Nutzer eingebaut werden. Dabei kann die Aussendung auf bestimmte Regionen oder Nutzer-Gruppen fokussiert werden. So sollen zum Beispiel Unternehmen Nutzer erreichen können, die ihren Beiträgen bei Twitter nicht direkt folgen.

Aus diesem Grund achtet die Börse traditionell ganz besonders auf die Entwicklung der Nutzerzahlen bei Twitter: Mehr erreichbare Augen machen einen Dienst attraktiver für Werbekunden. Dabei wird Twitter auch immer wieder mit Facebook verglichen. Das weltgrößte Online-Netzwerk ist aber Twitter inzwischen mit mehr als zwei Milliarden Nutzern weit davongezogen und ist mit einem ähnlichen Modell hochprofitabel.

Twitter setzt ähnlich wie Facebook verstärkt auf eine Selbstbedienungs-Plattform. Zugleich stehen beide Dienste derzeit in den USA unter Kritik, weil unter anderem im vergangenen Präsidentschaftswahlkampf mutmaßlich russische Drahtzieher das System nutzten, um mit Botschaften unter falscher Flagge soziale und ethnische Spannungen anzuheizen. Twitter-Manager sind zu einer Kongress-Anhörung zu dem Thema kommende Woche geladen.

Kurz nach Vorlage der Quartalszahlen warf Twitter in einer bisher einmaligen Entscheidung die russischen Medien „Russia Today“ und „Sputnik“ als Werbekunden raus. Die Entscheidung gehe unter anderem auf die Einschätzung der US-Geheimdienste zurück, dass beide versucht hätten, sich im Dienste der russischen Regierung in den amerikanischen Präsidentschafts-Wahlkampf 2016 einzumischen, hieß es zur Begründung.

Die vom TV-Sender „Russia Today“ seit 2011 erhaltenen Werbeeinnahmen in Höhe von 1,9 Millionen Dollar sollen gespendet werden - und zwar für die Erforschung des Einflusses von Twitter auf Wahlen, inklusive der Verbreitung falscher Informationen. Nach bisherigen Informationen gab „Russia Today“ allein im vergangenen US-Wahlkampf 274 000 Dollar für die Verbreitung von Twitter-Posts des Senders aus. Das Werbesystem von Twitter funktioniert so, dass man für Geld Beträge in den Nachrichtenstrom von Nutzern einfließen lassen kann, die einem nicht direkt folgen.

„Russia Today“ beziehungsweise der Online-Ableger RT.com und „Sputnik“ werden oft als Propaganda-Sprachrohr des Kreml im Westen bezeichnet. Sie selbst bestehen aber darauf, dass sie reguläre Medien mit allen daraus folgenden Rechten sind.

Noch vor der Ankündigung versuchte die Chefredakteurin von „Russia Today“, Margarita Simonjan, Twitter bloßzustellen. Der Kurznachrichtendienst selbst habe sich aktiv darum bemüht, dass „RT“ sich mit Werbung auf Twitter in den Wahlkampf einschalte, schrieb sie in einem Tweet am Donnerstag und verlinkte auf eine entsprechende Präsentationsfolie, die offenbar von Twitter stammt.

Mitgründer und Chef Jack Dorsey hat Twitter einen Fokus auf aktuelle News und Personalisierung verschrieben und setzt dabei unter anderem auch auf Video. „Unser Ziel ist es, Inhalte zu liefern, die für Sie relevant sind, egal in welchem Format“, bekräftigte er in einer Telefonkonferenz nach Vorlage der Quartalszahlen. Die Idee ist, mit maschinellem Lernen die Nutzer so gut kennenzulernen, dass die Software automatisch für sie interessante Beiträge herausfiltern kann.

Vor einigen Wochen gewährte Twitter zudem einigen ausgewählten Nutzern probeweise die Möglichkeit, Tweets doppelt so lange Tweets als bisher mit bis zu 280 Zeichen abzusetzen. Dorsey sagte, Deutsch sei eine der Sprachen, in denen das bisherige Limit die Nutzer frustriere. Es sei aber noch zu früh, Schlussfolgerungen aus dem Test zu ziehen: „Wir beobachten noch, wie das den Dienst insgesamt beeinflusst.“ Ausführliche Daten würden aber in den kommenden Wochen veröffentlicht werden. Kritiker des Schritts warnten unter anderem davor, die 280 Zeichen könnten Twitter die markante Kürze nehmen.

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