Tag Challenge: Fiktive Verbrecherjagd durch fünf Metropolen per Social Media

Ende März findet in fünf Metropolen in Europa und den USA eine "Verbrecherjagd" der ganz besonderen Art statt. Fünf fiktive Kriminelle, von denen nur ein Foto veröffentlicht wird, müssen gefunden werden.

Am 31. März wird zur weltweiten "Verbrecherjagd" geblasen. Dann nämlich beginnt in fünf Größstädten Europas und der USA die Tag Challenge, eine fiktive Jagd nach fünf "gesuchten Juwelendieben" - per Social Media. Wer die Flüchtigen mit Hilfe von Twitter, Facebook, Google+ und Co. fängt, den belohnt das US-Außenministerium mit 5000 US-Dollar (ca. 3750 Euro).

Das Szenario: Eine Bande von Juwelendieben, die "Panther Five" haben in ihrem jüngsten Raubzug in der US-Hauptstadt Washington einen extrem wertvollen Edelstein gestohlen, den Adly Diamanten. Nun sind die Diebe auf der Flucht und haben sich in fünf Metropolen Europas und der USA - Washington, New York, Stockholm, London und Bratislava, abgesetzt. Auf ihre Ergreifung ist eine Belohnung ausgesetzt.

Hier beginnt die Jagd. Und die findet diesmal abseits herkömmlicher Polizeiarbeit statt. Für jede der fünf Städte wird um Punkt 8 Uhr Ortszeit ein Foto des Gesuchten auf der Webseite des Projekts veröffentlicht. Die Teilnehmer haben dann exakt zwölf Stunden Zeit, die fiktiven Juwelendiebe in den jeweiligen Städten aufzuspüren, zu fotografieren, und das Bild von ihnen auf der Seite zu veröffentlichen. Dabei ist internationale Zusammenarbeit gefragt. Denn nur wer alle fünf "Panther" ablichtet, hat eine Chance auf die Siegprämie.

Die Tag Challenge ist nicht die erste Menschenjagd, die nur per Internet und Social Media koordiniert wird. 2009 starteten das WIRED Magazine und der Journalist Evan Ratliff eine Hatz quer durch die USA. Einen Monat lang sollte der Autor seinen Verfolgern entkommen, musste dabei aber regelmäßig Spuren hinterlassen. Nach 17 Tagen wurde er "gefasst" - nur durch Kooperation von Internetnutzern. Auch die US-Forschungsbehörde DARPA veranstaltete eine Jagd - auf zehn große, rote Ballons, die über die USA verteilt wurden. 40.000 Dollar Prämie erhielten die Finder, eine Gruppe von Angehörigen des Massachusetts Institute of Technologie (MIT). Sie hatten mehr als 4000 Menschen um Hilfe gebeten, per Social Media wurde die Suche gesteuert.

Der Hintergrund dieser Aktionen ist wissenschaftlicher Natur: Welchen Einfluss haben soziale Netzwerke, wie kann man sie zur Informationsgewinnung, Suche nach Vermissten oder Gegenständen nutzen? "Zeitkritische soziale Mobilisierung" ist der leicht sperrige wissenschaftliche Begriff. Die Tag Challenge spannt nun den Bogen zur Strafverfolgung. Kann es gelingen, fünf Flüchtige, von denen nur ein Foto und ein ungefährer Aufenthaltsort bekannt sind, per weltweit koordinierter Suche zu finden - in nur zwölf Stunden? Wie werden sich die Teams zusammenfinden, wie werden sie arbeiten?

Eine Frage, deren Aufklärung J. R. deLara brennend interessiert. Er hat das von der US-Botschaft in Prag, dem Institute of International Education und dem US-Außenministerium gesponserte Projekt organisiert. Mit Blick auf Social Media Suchprojekte sagte deLara dem Blog Danger Room: "Wir dachten uns: Testen wir's. Kann man so wirklich gesuchte Personen, Fahrzeuge oder verwertbare Informationen finden?"

Eine Frage, die auch viele Verantwortliche im Bereich Strafverfolgung und Informationsgewinnung interessieren dürfte. Deshalb ist die Tag Challenge - nicht zuletzt auch durch das Sponsoring der US-Regierung - wohl auch mehr als ein reines Spiel. Es ist auch ein Versuch, wie anonym sich der Einzelne noch in der Gesellschaft bewegen kann. Auf den Ausgang dieser Menschenjagd auf zwei Kontinenten darf man jedenfalls gespannt sein. Für Freunde der guten alten Privatsphäre dürfte eine Welt, in der durch Social Media vernetzte Spürnasen auf Menschenjagd gehen, allerdings schon heute ein Alptraum sein.

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