Systemkameras werden immer besser

Berlin (dpa/tmn) - Systemkameras sind handlich und klein - sie bieten trotzdem ausgereifte Technik. Oft kommen sie im beliebten Retro-Look daher. Neue Modelle können mit Spiegelreflexkameras mithalten.

In manchen Punkten sind sie ihnen sogar schon überlegen, wie die IFA zeigt.

Sie sind eine neue Gattung von Kameras, die vom Laien oft gar nicht als solche erkannt wird: Systemkameras. Es gibt sie seit 2008, mittlerweile umfasst das Sortiment rund 20 Modelle. Wie Spiegelreflexkameras können Systemkameras mit Wechselobjektiven ausgerüstet werden, sie sind allerdings deutlich kompakter, weil sie ohne Spiegel im Gehäuse arbeiten. Die Hersteller rüsten die Geräte mit immer besserer Technik aus, wie auf der Elektronikmesse IFA (noch bis 7. September) in Berlin zu sehen ist.

Sony beispielsweise hat dort die NEX-7 vorgestellt. Die Kamera verfügt über einen hoch auflösenden elektronischen Sucher, sie ist aber trotzdem flach und kommt ohne den Sucherhügel aus. Außerdem löst das Modell 24 Megapixel auf und hat einen großen Sensor, wie er auch in Spiegelreflexkameras (SLR) zum Einsatz kommt. Das sorgt für eine vergleichbare Bildqualität. Samsung dagegen erweitert seine NX-Serie um die NX200. Sie soll spontane Aufnahmen durch einen schnellen Autofokus mit einer Ansprechzeit von 100 Millisekunden einfacher machen. Und Panasonic hat bereits die G3 in den Handel gebracht, die ebenfalls mit Wechselobjektiven ausgestattet werden kann.

„Systemkameras vereinen Vorteile von Spiegelreflexkameras und Kompaktkameras: Große Bildsensoren und Wechselobjektive bei kompakten Abmessungen“, sagt Andreas Jordan von der Fachzeitschrift „Foto Magazin“. „Die Hersteller wollen mit den spiegellosen Systemkameras Kompaktkamera-Kunden abholen, die sich eine bessere Bildqualität wünschen.“ Gleichzeitig sprächen sie Spiegelreflex-Besitzer an, die eine kleinere Ausrüstung suchen, aber keine Einbußen bei der Bildqualität hinnehmen wollen. Die spiegellosen Systemkameras seien eine „Brückentechnologie“, erklärte Ichiro Ike Takagi, der Leiter der Bildsparte von Sony, auf der IFA.

Während in Japan mittlerweile fast auf jede verkaufte Spiegelreflexkamera eine Systemkamera kommt, sind die deutschen Kunden noch zurückhaltender: Nach Angaben des Photoindustrie-Verbands wurden 2010 insgesamt rund 80 000 Systemkameras in Deutschland verkauft. Zusammen mit den SLR-Modellen waren es 960 000 - das entspricht einem Anteil von weniger als zehn Prozent.

„Der Verbraucher unterscheidet allerdings nicht zwischen System- und Spiegelreflexkameras“, sagt Verbandssprecherin Constanze Clauß. Systemkameras punkten im Vergleich aber vor allem durch ihre kompakteren Abmessungen, die längst nicht mehr nur Frauen ansprechen, wie anfangs vermutet. Auch Männer griffen häufiger zu. Generell rüsteten sich auch Profi-Fotografen häufiger mit den Geräten aus.

Technisch bewegen sich Spiegelreflexkameras und ihre spiegellosen Pendants auf Augenhöhe. „Die Autofokus-Geschwindigkeiten der Systemkameras werden immer besser. Sie übertreffen mittlerweile zum Teil die der SLR-Kameras“, erklärt Jordan. Hinzukommt, dass der eigentlich schnelle Phasen-Autofokus der Spiegelreflexkameras im Videomodus nicht funktioniert. „Bei spiegellosen Systemkameras ist das anders, sie sind unkomplizierter in der Handhabung und stellen schneller scharf.“

Die SLT-Kameras von Sony sind eine Besonderheit, sie besitzen wie herkömmliche Spiegelreflexkameras einen Spiegel. Er wird aber nicht zur Erzeugung eines Sucherbildes genutzt, sondern versorgt einen Autofokussensor mit Licht. Dadurch stehe der schnelle Spiegelreflex-Autofokus auch im Videomodus zur Verfügung und es lassen sich die vorhandenen Spiegelreflexobjektive verwenden, erläutert Jordan. Das Sucherbild wird aber elektronisch erzeugt.

„Die Videofunktion der Kameras ist für viele traditionelle Spiegelreflexfotografen Neuland“, hat der Fotoexperte beobachtet. „Da alle neuen Kameras Video an Bord haben, dürften sich aber immer mehr Fotografen mit dieser Möglichkeit anfreunden.“

Nicht nur die Gehäuse der Kameras, auch die Objektive werden kleiner - zum Beispiel die neue PowerZoom-Reihe von Panasonic. Das mit der GF3X gelieferte Dreifach-Zoom-Objektiv ist etwa halb so groß wie sonst bei Systemkameras. Es fährt beim Einschalten der Kamera von selbst aus und ist motorgesteuert. „Der Zoom ist viel weicher, als wenn der Fotograf per Hand an einem manuellen Zoomring dreht“, erklärt Jordan. Das bringe vor allem beim Filmen Vorteile.

Generell sind die Objektive der Systemkameras auch kleiner als bei SLR-Modellen. Ein Telezoom mit 100 bis 300 Millimetern Brennweite falle im Vergleich zu einem ähnlich SLR-Objektiv deutlich kleiner aus. Über Adapter lassen sich häufig auch Fremdobjektive anschließen.

Der Photoindustrie-Verband rechnet in diesem Jahr mit wachsenden Marktanteilen der Systemkameras, stuft sie aber nicht zwangsläufig als Konkurrenz zu herkömmlichen Spiegelreflexkameras ein. Und was machen die großen Spieler Nikon und Canon? Noch gibt es keine offiziellen Aussagen. Nikon hat aber ein neues System angekündigt. Laut Jordan vom „Foto Magazin“ steht zu erwarten, dass es sich dabei um eine Systemkamera handelt. „Bis Ende des Jahres könnte noch ein Modell kommen.“

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