Sprachassistent Alexa hört nicht nur Signalwörter

Die Verbraucherzentrale rät Besitzern eines Amazon-Echo-Lautsprechers dazu, mehr Kontrolle über das Gerät auszuüben.

 Ricarda Moll (links) und Ayten Öksüz von der Verbraucherzentrale NRW. Sie sehen die Online-Helfer kritisch. Fotos: Verbraucherzentrale

Ricarda Moll (links) und Ayten Öksüz von der Verbraucherzentrale NRW. Sie sehen die Online-Helfer kritisch. Fotos: Verbraucherzentrale

Foto: Verbraucherzentrale

Düsseldorf. Spioniert Alexa uns aus? Die Verbraucherzentrale sieht Risiken in der Nutzung von Amazon Echo und der digitalen Assistentin mit dem Frauennamen — und das schon seit der Markteinführung in Deutschland im Oktober 2016. Damals gaben die Verbarucherzentralen eine erste, warnende Einschätzung heraus. Sie ist bis heute aktuell. Und hat sich sogar eher erweitert als reduziert.

Hauptproblem: Alexa nimmt alles auf, was der Besitzer mit ihr bespricht. Die Aufzeichnungen würden nicht im Gerät gespeichert, sondern auf Amazon-Servern — und könnten damit prinzipiell zugänglich sein.

Dabei denken die Verbraucherschützer nicht nur an Hackerangriffe oder ähnlich gruselige Cybercrime-Szenarien: Die Server könnten sich schlichtweg im Ausland befinden — und damit einem Datenschutzrecht unterliegen, das laxer ist als das Deutsche. Dem der USA zum Beispiel. Auch könnten die Aufnahmen Geheimdiensten zugänglich sein, von diesen sowohl ausgewertet als auch archiviert werden.

Eine ähnliche Warnung sprach die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff in der Wirtschaftswoche schon im Mai 2016 aus — damals hatte Google als Reaktion auf den Erfolg von Amazons Alexa in den USA sein Konkurrenzprodukt „Google Home“ vorgestellt: „Als Datenschützerin sehe ich intelligente Sprachassistenten, die mit einem Mikrofon permanent ihre Umgebung ,belauschen‘, kritisch“, sagte Voßhoff dem Magazin. Bedenklich sei vor allem, dass in der Regel nicht hinreichend transparent sei, wie die dabei erfassten Informationen genutzt und gespeichert würden.

An dieser Kritik habe sich bis heute nichts geändert, bestätigt Ricarda Moll von der Verbraucherzentrale NRW. Sie arbeitet im Projekt „Marktwächter Digitale Inhalte“. Hierbei versuchen alle 16 deutschen Verbraucherzentralen, sich gemeinsam einen Überblick über die die Verbraucherthemen zu verschaffen, die das weite Feld der Digitalisierung mit sich bringt. Aktuell sitzen die Marktwächter an einer Untersuchung zu Alexa, Google Home und Co.. Ein finales Ergebnis mit Empfehlungen soll im ersten Quartal dieses Jahres vorliegen. So viel ist schon sicher: Die Kritik hat sich eher erweitert als reduziert.

Alexa-Nutzer können aus den Signalwörtern "Alexa", "Amazon", "Echo" und "Computer" eines auswählen, auf das Ihr Gerät reagieren und sich einschalten soll. Ergebnis der Untersuchung: „Alexa reagiert auch auf Abwandlungen der eigentlich einprogrammierten Signalwörter“, sagt Ricarda Moll. Ein Umstand, über den der Nutzer nicht aufgeklärt werde. „Durch das ungewollte Aufzeichnen von Gesprächen kann Amazon Einblick in die Privatsphäre nehmen, ohne dass der Nutzer dies möchte — im Zweifel bekommt er es nicht einmal mit“, so Molls Kollegin Ayten Öksüz.

Mit dem Speichern von Fragen und Antworten wolle Amazon laut den Verbraucherschützern „seine Dienste verbessern“. Verarbeitet und gespeichert würden übrigens auch "sonstige Informationen", so die Verbraucherschützer weiter. Amazon nenne beispielhaft To-do-, Einkaufs- und Musikwiedergabelisten: „Beide Formulierungen erscheinen uns schwammig und könnten weit ausgelegt werden“, heißt es in der ursprünglichen Info zum Thema.

Auch könne nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Lautsprecher (beziehungsweise sein Mikrofon) auch zum Abhören eingesetzt werde — sei es nun missbräuchlich durch Kriminelle oder bewusst durch Geheimdienste und/oder andere Akteure. Diese Möglichkeit betreffe nicht nur den Besitzer. Selbst, wenn man entscheide, das hinzunehmen: „Machen Sie sich bewusst, dass auch Familienmitglieder und Gäste im Raum durch das stetige Lauschen auf einen ,Alexa‘-Zuruf des Geräts potenziell ausgehorcht und sich damit in ihrem Persönlichkeitsbereich berührt fühlen könnten“, mahnen die Verbraucherschützer.

Die einzige Möglichkeit, dieser potenziellen Gefahr (so gut es geht) zu entgehen, ohne Alexa direkt vom Strom zu trennen, sei das Stummschalten des Mikrofons. Die Möglichkeit gibt es. Nur: Dann hört das Gerät gar nichts mehr. Auch nicht den Alexa-Zuruf. Und damit sind die Vorteile der sprachgesteuerten Cyber-Assistentin dahin.

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