Spotted: Zweite Flirtchance via Facebook

Mainz (dpa) - „Spotted“ ist ein neuer Flirttrend, der sich über Facebook verbreitet. Vor allem Studenten nutzen die Möglichkeit, um den Flirt von neulich aus der Bibliothek oder Straßenbahn online wiederzufinden.

„Ich habe dich gegen 13.45 Uhr in der Cafeteria getroffen! Hätte dich gerne angequatscht, aber hat nicht gepasst. Bist groß, dunkelhaarig und männlich. Wenn du dich angesprochen fühlst und Lust auf einen gemeinsamen Kaffee hast, meld' dich.“ Hoffnung liegt in den wenigen Zeilen, die eine Studentin an die Facebook-Gruppe „Spotted: University of Mainz“ schreibt. Dort werden die kleinen Suchanzeigen veröffentlicht. Wer einen interessanten Menschen gesehen, sich aber nicht getraut hat, ihn anzusprechen, schreibt eine Nachricht an die Spotted-Gruppe und beschreibt die Person und das Zusammentreffen. Die Gruppe sendet den Text und alle Gruppenmitglieder können ihn lesen. Der Verfasser bleibt anonym.

Das Ziel: Dass der Traummann aus der Mensa oder die Schönheit, die an der gleichen Bushaltestelle eingestiegen ist, sich bei der Gruppe meldet und weitervermittelt wird. Der Gruppenname kommt vom Englischen „to spot“, was so viel heißt wie „jemanden erspähen“.

Christian Leppla hat mit zwei Kommilitonen die Spotted-Gruppe der Universität Mainz gegründet. Die Idee kam den drei 19-bis 20-Jährigen in einer Englisch-Vorlesung: „Wir hatten die Spotted-Gruppe der Uni Mannheim gesehen und beschlossen, das auch in Mainz auszuprobieren.“ Seit der Gründung im Dezember haben mehr als 5000 Leute „Gefällt mir“ geklickt, um die Gruppen-Nachrichten mitlesen zu können. Täglich kommen Fans hinzu. „Zuerst haben wir uns über drei bis vier Nachrichten pro Tag gefreut und dann ist es plötzlich explodiert: Über 1000 neue 'Gefällt mir'-Klicks an einem Tag und wir haben keine Ahnung, wieso“, sagt Mitbegründer Daniel Eggebrecht.

Inzwischen bearbeiten die drei Studenten etwa 40 Nachrichten pro Tag; mit Laptop und Smartphone verwalten sie die Gruppe. Sie löschen rassistische oder diskriminierende Kommentare und löschen Meldungen, wenn jemand nicht gefunden werden möchte. Dass der Aufwand so groß würde, damit hatten die drei Lehramts-Studenten nicht gerechnet. Doch sie wollen weitermachen.

Die Beliebtheit der Gruppe liegt wohl auch daran, dass sie funktioniert: Etwa jedes fünfte Gesuch ist nach Angaben der Macher erfolgreich. Entweder die gesuchte Person meldet sich oder die Gruppenmitglieder nutzen die Kommentarfunktion unter der Meldung, um die gesuchte Person zu enttarnen.

Eine der ersten Spotted-Gruppen war die der Universitätsbibliothek Glasgow. Sie wurde Anfang Dezember 2012 gegründet und hat über 6000 „Gefällt mir“-Klicks. Schon in früheren Sozialnetzwerken gab es Gruppen für Nutzer, die etwa regelmäßig eine bestimmte Buslinie oder Straßenbahnstrecke nutzen. Doch eine solche Resonanz wie die Spotted-Gruppen hatten die Vorreiter nicht. Der Trend verbreitet sich schnell.

Wie viele Spotted-Gruppen es bundesweit gibt, dazu macht Facebook keine Angaben. Doch von Hamburg bis Konstanz und von Trier bis Dresden haben Studenten schon Spotted-Gruppen gegründet. Auch in Fitnessstudios, Bars und Restaurants oder auf Streckenabschnitten der Deutschen Bahn wird „gespotted“.

In der Mainzer Gruppe sucht ein junger Mann nach einer Studentin, die er vor ein paar Monaten auf einem Musikfestival kennen gelernt hat. Einige Zeit später drückt die Schwester der gesuchten Studentin auf „Gefällt mir“. Über sie hat der junge Mann seine Festival-Liebe wiedergefunden. Er bedankt sich bei den Mainzer „Spotted“-Machern. Probleme gibt es auch: Jemand hat eine Frau in der Mensa fotografiert und möchte, dass das Foto veröffentlicht wird, um sie wiederzufinden. Die drei Jungs sind sich einig: „Auf keinen Fall.“

Für die einen ist der neue Trend eine Chance, ihre Schüchternheit wettzumachen, für die anderen ein Forum für platte Sprüche und plumpe Anmachen. Auch Datenschützer äußern Kritik. Thilo Weichert, Landesschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein und Facebook-Experte sagt: „Es ist vor allem problematisch, dass die Betreiber dieser Spotted-Seiten unbekannt sind.“ Es sei gut, dass die Kontaktanzeigen anonym gepostet würden, aber sowohl Facebook als auch die Betreiber der Spotted-Seiten könnten sehen, wer welche Meldung schaltet und wer wie darauf reagiert: „Man gibt seine Daten und Kontaktwünsche also an Unbekannte weiter.“

Auch Gegengruppen sind schon gegründet. Zum Beispiel: „Verspottet: Universität Göttingen“, wo man sich über nervige Mitmenschen auslassen kann. Oder „Spotted: Deine Mutter“, mit der Gruppenbeschreibung „Wenn du jemandes Mutter irgendwo gesehen hast, dann schreib uns anonym oder schick uns einfach ein Bild von ihr!“

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