Beyond: Two Souls — Der Geist sei mit dir

Ein Mädchen. Ein Geist. Ein Forscher. Das sind die Zutaten von „Beyond: Two Souls“. Einem Spiel, das die Medien „Spiel“ und „Film“ zu einem einzigartigen, dramatischen und gänzlich individuellen Kunststück verknüpft.

Jodie ist beinahe depressiv. Das kleine Mädchen, die tragische Hauptdarstellerin, ist seit ihrer Geburt mit einem höheren Wesen verknüpft. Einem Geist namens Aiden. Niemand kann ihn sehen. Niemand glaubt ihr, dass er existiert. Doch er tut es. Und wie. Doch dazu später mehr.

Die zentrale Frage

Beyond: Two Souls ist ein Titel, der psychologische, spirituelle und spannende Elemente in sich vereint — mit einer zentralen Frage: Was passiert nach dem Tod? Die Antworten gibt es für den Spieler, während er im Alter von acht Jahren die kleine Jodie in der Handlung übernimmt. Im Verlaufe des Spiels, genauer gesagt während der folgenden 15 Lebensjahre von Jodie, erfährt man die wahre Bedeutung des Geistes namens Aiden. Auch dank der Mithilfe des Forschers Nathan Dawkins, der von Schauspieler Willem Dafoe verkörpert wird. Dieser nimmt sich Jodie und Aiden nach, nachdem ihre Eltern sie in das Forschungsinstitut des Wissenschaftlers abgeschoben haben. Doch er verfolgt nicht nur die für Jodie besten Interessen.

Geordnetes Chaos

Die Handlung des Spiels verläuft dabei nie chronologisch. Während der Ladezeiten, verdeutlicht eine Zeitfolge der Geschehnisse, dass der Titel große Zeitsprünge aufweist. Mal steuert der Spieler Jodie als kleines Kind im Elternhaus, zehn Minuten später gilt es als junge Frau die Ausbildung bei der CIA zu meistern. Die Zeitsprünge erweisen sich als probates Stilmittel des Spiels: Zeit ist relativ — genau wie das Leben. Und Chronologie eher langweilig. Zusätzlich unterhält der häufige Wechsel prächtig. Der Spieler weiß zu keiner Zeit, was ihn als nächstes erwartet. Das hält die Spannung aufrecht.

Emotionen dank Atmosphäre

Dennoch ergibt die Abfolge einen Sinn: Die Entwickler können den Spieler zu jeder Zeit das fühlen lassen, was sie wollen. In einer Szene hat der Spieler Mitleid, in einer anderen empfindet er Rachegelüste. Emotionen sind das, was das Spiel auszeichnet. In jedem Moment, ja sogar durch jede Geste, fühlt der Spieler mit. Das liegt an den grandiosen Synchronsprechern, der atemberaubenden Grafik mit fantastischen Gesichtsanimationen, dem dramatischen Thema, dem Instrumental-Soundtrack von Hans Zimmer und der sympathischen, herzerwärmenden und zugleich furchteinflößenden Protagonistin.

Das Besondere

Missionen wie aus anderen Spielen gibt es so gesehen nicht. Natürlich muss Jodie in einer Szene auch mal gewöhnliche Aufgaben erledigen. So wie der Mutter das Olivenöl aus der Garage zu holen. Danach geht es aber in den verschneiten Garten — wo sich Jodie mit Hilfe ihres Geistes durch den Gartenzaun schleicht. Dazu steuert man nach einem Knopfdruck Aiden aus der Ego-Perspektive, kann einen Fußball umherschießen oder den Gartenzaun auseinandernehmen. Die Steuerung ist stets simpel: Mit dem linken Stick steuert der Spieler Jodie bzw. Aiden. Mit dem rechten Stick führt Jodie Aktionen mit der Umwelt aus — beispielsweise das Öffnen einer Tür oder das Einschalten des Fernsehers. Auf der Straße angelangt, startet Jodie mit den Nachbarskindern eine Schneeballschlacht. Als eines der Kinder zu brutal gegen das Mädchen vorgeht, beginnt der stellenweise unberechenbare Aiden, die Kleine zu verteidigen und das Nachbarskind zu würgen. Der Spieler bestimmt nun, wie lange dieser Zustand anhalten soll. An Ende der Szene bezeichnet Jodies Vater seine Tochter als Monster — sie fühlt sich noch verlorener und der Spieler fühlt sich ihr dagegen noch verbundener.

Sterben ist auch keine Lösung

Der Clou kommt aber erst noch: In vielen Situationen kann sich der Spieler frei entscheiden. So kann man sich, wenn einem Unrecht getan wurde, entweder rächen oder es auf sich beruhen lassen. Durch diese Entscheidungen existieren ganze 13 unterschiedliche Enden im Spiel. So viel hat es in der Videospielgeschichte noch nicht gegeben. Genau an diesen Stellen erinnert der Titel an einen Film: es gibt vorgeschriebene Enden, ein festes Drehbuch und der Spieler fühlt sich teilweise wie ein neutraler Beobachter — auch weil es die ein oder andere brillante Zwischensequenz. Aber egal, wie man sich in bestimmten Situationen auch entscheidet. Der Spieler kann nie sterben — das Frust-Gefühl des Versagens bleibt aus. Die Handlung führt eben einfach nur einen anderen Handlungsstrang fort. So einfach und doch so konsequent logisch kann moderne Spielkunst sein!

Fazit

Beyond: Two Souls ist kein gewöhnliches Spiel. Es ist außergewöhnlich. Die Geschichte, die Konstellation zwischen Jodie und Aiden sowie die Bausteine Grafik, Sound und Dramaturgie passen perfekt aufeinander. Dieser Titel lässt den Spieler nicht nur ein Teil des Ganzen sein — sondern das Ganze wird zum Teil des Spielers. Bis der die Konsole abschaltet — aber immer noch konstruktiv über das Erlebte nachdenkt. Großes Kino — nur eben als Konsolenspiel.

Name: Beyond: Two Souls
Genre: Action-Adventure
Publisher: Sony
Entwickler: Quantic Dream
Release-Termin: 9. Oktober 2013
Preis: zirka 60 Euro
System: PS3
USK-Freigabe: ab 16
Ersteinschätzung: Sehr gut
Grundlage dieser Vorschau: Sony Computer Entertainment stellte der WZ eine mehrstündige Vorschauversion für PS3 zur Verfügung.

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