Internetsucht trifft vor allem ledige Männer

Immer mehr Menschen verlieren sich in Online-Spielen und Sozialen Netzwerken. Drogenbeauftragte Dyckmans schlägt Alarm.

Berlin. Ledige und arbeitslose Männer sind laut einer Studie besonders gefährdet, sich so sehr in den Tiefen des Netzes zu verlieren, dass sie den Bezug zur Realität verlieren.

Krankhafte Internetnutzung äußere sich vor allem darin, dass die Betroffenen ihr soziales Leben vernachlässigten, sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP), am Dienstag.

Darunter litten dann die Arbeit oder der Schulbesuch, mitunter auch einfache Dinge wie Essen und Waschen. „Das geht bis zur körperlichen Verwahrlosung.“

Nach einer Erhebung kommen 0,7 Prozent aller 25- bis 64-Jährigen in Deutschland nicht mehr von Online-Spielen oder Sozialen Netzwerken los. Mit einem Prozent sei der Anteil bei Männern mehr als doppelt so hoch wie bei Frauen (0,4 Prozent), so Dyckmans. „Die Betroffenen flüchten in eine virtuelle Welt. Dort bekommen sie Anerkennung.“

Die Zahlen sind alarmierend: Insgesamt gelten in Deutschland rund 560 000 Menschen zwischen 14 und 64 Jahren als „internetsüchtig“, wie aus einer bereits im August vorgelegten Studie der Universitäten Lübeck und Greifswald hervorgeht.

Unter ihnen sind 250 000 Menschen im Alter von 14 bis 24 Jahren. Hier ist das Geschlechterverhältnis nahezu ausgeglichen. 2,5 Millionen Menschen nutzen laut Studie das Netz auf problematische Weise und drohen in eine Abhängigkeit abzurutschen.

„Die Zahlen zeigen ganz akut einen Handlungsbedarf“, sagte Dyckmans. Es müsse ein besonderes Augenmerk auf die Prävention gelegt und dabei die ganze Familie einbezogen werden. „Da gibt es gute Erfolge.“ Auch müsse Internetsucht als Krankheit klassifiziert und in das internationale Diagnoseverzeichnis aufgenommen werden, forderte sie.

Der Begriff der Internetsucht ist wissenschaftlich umstritten. Einige Psychologen sehen in einer exzessiven Internetnutzung keine eigenständige Störung, sondern lediglich das Symptom einer psychischen Erkrankung wie der Depression. Andere fordern hingegen, maßlose Internetnutzung als eigenständige Krankheit einzuordnen.

Laut Studie geht die große Mehrheit der 14- bis 24-Jährigen (77,3 Prozent) ins Netz, um zu chatten, Fotos zu posten und Mitteilungen zu kommentieren. Bei den Älteren zwischen 25 und 64 Jahren ist das Interesse an Sozialen Netzwerken wie Facebook geringer (45,1 Prozent). Die zweitbeliebteste Internetbeschäftigung sind Onlinespiele.

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