Google will Facebook mit besserem Datenschutz schlagen

Berlin (dpa) - Google will sich Facebook nicht geschlagen geben. Mit seinen neuen Dienst Google+ bietet der Internet-Riese seinen hunderten Millionen Nutzern eine alternative Netzwerk-Plattform. Google setzt dabei vor allem auf einen besseren Umgang mit der Privatsphäre.

Beim neuen Goldrausch um das soziale Internet hat ausgerechnet der Netzpionier Google bislang nur bescheidene Erfolge erzielen können - das bereits 2004 gestartete Orkut fand nur regional eine größere Verbreitung. Doch nun startet der Suchmaschinen-Riese mit dem Dienst Google+ seinen bisher am breitesten angelegten Versuch, im sozialen Internet Fuß zu fassen.

Google+ bietet Elemente verschiedener Dienste wie Facebook, Twitter oder Skype unter einem Dach: Nutzer können per Video in „Hangouts“ chatten oder Links austauschen, Informationen über ihre Hobbys abonnieren oder Bilder hochladen. Im „Stream“, der etwa dem Nachrichtenbereich bei Facebook entspricht, laufen dann alle Informationen und Status-Updates zusammen.

Google kommt mit seinem neuen Dienst eher spät zur Netzwerk-Party: Facebook ist bereits mit geschätzten bis zu 700 Millionen Nutzern vorausgeeilt. Vom erfolgreichen Konkurrenten abheben will sich der Internet-Konzern, der in Deutschland oft als „Datenkrake“ gebrandmarkt wird, dabei ausgerechnet über einen sensibleren Umgang mit der Privatsphäre. Anders als bei Facebook werden die Kontakte bei Google+ von Anfang an je nach Vertrautheit in verschiedene „Circles“ („Kreise“) eingeteilt: Etwa Freunde, Familie, Kollegen oder nur Bekannte.

Bei Facebook kann man zwar ebenfalls solche Gruppen anlegen - aber das erfordert eben zusätzliche Arbeit. Außerdem sind die Datenschutzoptionen in den Menüs von Facebook versteckt. Zudem führte Facebook zwar mit der Zeit ausführliche Kontroll-Möglichkeiten für Datenschutz-Einstellungen ein, schaffte es zuletzt aber wieder, die Nutzer mit einer Gesichtserkennungsfunktion auf die Barrikaden zu bringen.

Das neue Online-Netzwerk Diaspora versuchte bereits, mit feineren Datenschutz-Einstellungen gegen Facebook zu punkten. Die Open-Source-Alternative tastet sich aber noch etwas zögerlich in der Test-Phase voran.

Die Oberfläche des neuen Google-Dienstes zeigt auch, dass der Suchmaschinengigant aus eigenen Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. Beim wenig erfolgreichen Social-Dienst Google Buzz hatten sogar die Experten Mühe, sich in der komplexen Oberfläche zurechtzufinden. Im Vergleich dazu kommt Google+ nun sehr aufgeräumt daher. Das Blog TechCrunch hat auch schon herausgefunden, „warum Google+ so gut aussieht“: Andy Hertzfeld, der als junger Entwickler vor über 30 Jahren die Benutzeroberfläche des ersten Apple Macintosh gestaltete, arbeitet seit 2005 für Google und durfte bei dem neuen Dienst erstmals sichtbar seine Akzente setzen.

Mit dem Smartphone-Betriebssystem Android hat Google zudem einen potenziell gewichtigen Vorteil gegenüber Facebook. Der Internet-Konzern gibt bei der Plattform die Richtung vor, eine Android-App für Google+ gibt es bereits. Allerdings war zuletzt auch zu hören, dass Facebook verstärkt an einer eigenen Plattform für Smartphone-Apps arbeite.

Google+ darf derzeit nur von einem kleinen Kreis von Anwendern, die persönlich eingeladen wurden, in einem „Feldtest“ ausprobiert werden. Um bei der Aufholjagd auf Facebook nicht schon zum Start ins Stolpern zu geraten, muss Google nun möglichst schnell diesen Dienst einer breiten Öffentlichkeit öffnen. Schließlich will Google ein neues Netzwerk unabhängig von Twitter und Facebook aufbauen.

Der große neue Spieler am Markt wird den Druck auf die anderen Social Networks erhöhen. So zeigt gerade der Niedergang des einst weltgrößten Online-Netzwerks MySpace, wie schnell alles vorbei sein kann. Der Pionier des sozialen Internets verlor den Wettlauf gegen Facebook und soll jetzt laut Medienberichten zum Schnäppchenpreis von 20 bis 30 Millionen Dollar den Besitzer wechseln. Damit wird MySpace mit einer gigantischen Wertvernichtung in die Geschichte eingehen: Medienmogul Rupert Murdoch hatte seinerzeit nicht nur 580 Millionen Dollar bezahlt, sondern auch noch hunderte Millionen in den Ausbau gepumpt.

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