Feature: Startup-Zentrum im einstigen Todesstreifen

Berlin (dpa) - Arbeit, Erholung und Inspiration gehören zusammen - dieses Ideal will eine etwas andere Fabrik im neuen Jahr in die Wirklichkeit holen. Zurzeit wird noch emsig gebaut in der alten Brauerei an der Bernauer Straße in Berlin.

Bis Ende Juni aber sollen hier etwa 30 Startups einziehen; die ersten sind schon da. Zur feierlichen Eröffnung werde auch Bundespräsident Joachim Gauck erwartet, sagt Simon Schäfer, einer der Initiatoren des Gründerzentrums Factory.

In den fünf Gebäuden der Anlage mit einer Fläche von maximal 12 000 Quadratmetern sollen bis Juni etwa 30 junge Internet-Unternehmen einziehen. Platz gibt es für bis zu 45 Firmen und rund 500 Arbeitsplätze. „Wir haben so viele Anfragen, dass wir die dreifache Fläche füllen könnten“, sagt Schäfer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

Aber die Factory will auch anders sein. So verbinden Gemeinschaftsflächen die einzelnen Gebäude, aus dem Austausch der Startups sollen neue Ideen entstehen - Software-Entwickler und Interface-Designer können sich beim Kaffee oder im Fitness-Raum treffen. „Eine zentrale Idee der Gestaltung war es, dass wir viele Gemeinschaftsflächen haben, um die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Firmen zu fördern“, erklärt Architekt Julian Breinersdorfer. So führt zum Beispiel eine öffentliche Straße durch das Gebäude, die als offener Raum für Meetings dient.

„Wir haben das Gebäude nicht im klassischen Sinne saniert, sondern die alte Oswald-Brauerei unter Tonnen von DDR-Putz wieder herausgeschält.“ Die Anfänge der Anlage reichen in das späte 19. Jahrhundert zurück. „Es wurde immer wieder umgebaut, angebaut, ausgebaut“, erzählt Breinersdorfer. „Und jetzt bauen wir es nochmal um. Wir sind da also in einer Tradition der ständigen Weiterentwicklung.“ Im Schutt haben die Bauarbeiter noch viele alte Kronkorken gefunden.

In der DDR-Zeit blieb das Gebäude als einziges im Todesstreifen stehen und diente vermutlich als Aussichtsposten. „So wurden zwei Fenster in die Nordfassade geschnitten, von denen aus die Stasi über die Grenze geschaut hat“, sagt der Architekt. Dort soll der Internet-Musik-Dienst Soundcloud einziehen.

Das Projekt wird weltweit beachtet. Gerade war Besuch vom US-Blog „TechCrunch“ da, angemeldet haben sich auch Investoren aus Mailand. Startups brauchen eine Anschubfinanzierung und später noch etwas mehr Geld, um ins Wachstum zu investieren. Schäfers Investmentgesellschaft JMES (ausgesprochen: James) hat die Factory mit angestoßen und zahlreiche Unterstützer gefunden. Auch Google mischt als Gründungspartner mit. Der Internet-Konzern will den Startups bei Ausbildung, Beratung und Technik zur Seite stehen. Geplant sind regelmäßige Sprechstunden.

Die Projekte der Factory sollen zueinander passen. „Der soziale Kontext ist sehr wichtig“, sagt Schäfer. Mit dabei sind die 6wunderkinder, die fast schon zum Vorzeige-Startup von Berlin geworden sind. Etablierte Projekte wie Mozilla sind ebenfalls in der Factory wie Gründer, die mit ihrer Idee noch ganz am Anfang stehen. Ein Beispiel für diese ist Mentor, eine App, die das Soziale Netzwerk dazu nutzen will, persönliche Ziele zu erreichen. Vielleicht klappt es dann ja auch mal mit den guten Vorsätzen fürs neue Jahr.

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