Datenklau-Skandal - Warum Facebook eine Gefahr ist

Ein düsterer Professor verhökert Nutzer-Daten an ein schmieriges Analyse-Unternehmen: Die Vorgänge um Facebook und Cambridge Analytica sorgen für Empörung. Doch der eigentliche Skandal ist ein anderer.

Christian Gerstenberger.

Christian Gerstenberger.

Foto: Michaelis, Judith (JM)

Der Skandal um die Weitergabe von Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern an die Datenalanysten von Camebridge Analytica ist vor allem eins: ein sehr plastischer Einblick in die Funktionsweise des sozialen Netzwerks. Und die ist angesichts von zwei Milliarden Nutzern eigentlich der viel größere Skandal.

Dass Facebook Daten sammelt, auswertet und anhand von Nutzerprofilen passgenaue Werbung ausspielt, weiß jeder, der hier posted, liked und kommentiert. Seit Jahren. Camebridge Analytica hat letztlich geschickte Auswertung zu Werbezwecken betrieben — nur eben für politische Botschaften, nicht für Süßigkeiten, Traumhotels oder Armbanduhren. Bleibt als Skandal-Kern also der miese Professor, der seinen privilegierten Forscher-Zugang zu Facebook-Daten missbraucht hat, um bei schmierlappigen Camebridge-Analytica-Mitarbeitern abzukassieren. Und dass letztere bereitwillig zahlten.

Dennoch wäre es falsch, Facebook als Datenklau-Opfer zu sehen. Im Namen des Milliarden-Gewinns erhebt der Algorithmus unfassbare Datenmengen. Durchleuchtet jeden Nutzer bis auf die Knochen, wenn er nicht (teils wirklich komplizierte) Änderungen in den Einstellungen vornimmt. Und welcher Durchschnitts-Nutzer wühlt sich schon durch Untermenüs? Und das womöglich immer wieder, wenn es Änderungen gibt? Oder eine neue Spiel-App mit eigenen Berechtigungen?

Was rauskommt bei der ganzen Spionage, die im Fachjargon Tracking oder Microtargeting heißt, sind maßgeschneiderte Botschaften: Wer nach Sofas googelt, bekommt auf Facebook Sofa-Werbung angezeigt. Und wenn derjenige Ausländer hasst werden außerdem womöglich rassistische Postings bevorzugt angezeigt. Der Algorithmus wird immer perfekter, Facebooks Einnahmen wachsen. Was die so genannten „Filterblasen“ mit der Gesellschaft machen, ist für die Firma nachranging. Oder sie bekommt es nicht mehr in den Griff.

Der bekannte Tech-Kolumnist Sascha Lobo fasst es so zusammen: „Genau genommen weiß nicht einmal Facebook selbst, wie Facebook wirkt.“ Das sei die Gefahr, die das soziale Netzwerk für die Demokratie darstelle. Die neue Struktur, dass Facebook nun auf die Förderung von Gruppen setzt - also Menschen mit gleichen Interessen noch genauer erfasst -, lässt aus diesem Blickwinkel nichts Gutes erahnen.

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