Bundestag nimmt Netztechnik unter die Lupe

Berlin (dpa) - Die Bestrebungen von Telekommunikationsunternehmen für eine unterschiedliche Behandlung von Internet-Diensten werden im Bundestag kritisch beobachtet. Der Unterausschuss Neue Medien ließ sich deswegen am Montag über die Haltung der europäischen Netzregulierer in dieser Frage unterrichten.

Die Regulierungsbehörden in der EU seien grundsätzlich gegen eine Vorzugsbehandlung für bestimmte Dienste im Internet, sagte Cara Schwarz-Schilling als Leiterin einer Arbeitsgruppe in der Europäischen Netzorganisation (Berec - Body of European Regulators for Electronic Communications). Die Einführung von Qualitätsklassen sei aber möglich, falls der Wettbewerb funktioniere und dies für alle Beteiligten transparent geschehe.

Die Netzneutralität ist ein besonders kontrovers diskutiertes Thema der Netzpolitik. Netzbetreiber möchten gern unterschiedliche Qualitätsklassen für bestimmte Dienste oder Kundengruppen einführen. Kritiker sehen die Gefahr, dass bei einer Abkehr von der bislang praktizierten Netzneutralität unliebsame Internet-Angebote gedrosselt oder gesperrt werden könnten.

Das Prinzip der Netzneutralität, also die Gleichbehandlung aller Datenpakete im Internet unabhängig von Herkunft oder Ziel, sei nicht das oberste Ziel, sagte die Expertin, Tochter des ehemaligen Bundespostministers Christian Schwarz-Schilling (CDU).

Es gebe auch andere Ziele wie etwa eine effiziente Verwendung von Ressourcen. „Bis jetzt funktioniert der Markt gut“, sagte die Leiterin des Referats Grundsatzfragen der Internetökonomie in der Bundesnetzagentur. „Qualitätsklassen sind bisher nirgendwo implementiert.“ Allerdings gebe es vereinzelt Fälle, dass bestimmte Dienste, die ein Konkurrenzangebot zu Produkten von Netzbetreibern darstellen, verlangsamt oder gar blockiert werden. Als Beispiel nannte sie Internet-Telefondienste wie Skype.

Auf Fragen mehrerer Abgeordneter nach konkreten Maßnahmen der Regulierungsbehörden antwortete Schwarz-Schilling: „Wir müssen uns das noch weiter angucken.“ Die Berec werde dazu bis Ende des Jahres drei Berichte veröffentlichen: „Wir versuchen zu messen, ob bestimmte Anwendungen systematisch anders behandelt werden als andere.“

Das könnte dann auch die Datenschützer auf den Plan rufen. Für den gleichmäßigen Transport aller Daten müssen die dafür vorgesehenen Router (Internet-Rechner) nur in den Header eines Datenpakets, also auf den Umschlag mit der Zieladresse schauen. Aber eine gezielte Steuerung des Internet-Datenverkehrs erfordert nach Angaben Schwarz-Schillings, „dass man weiter in die Pakete hineinschaut als nur in den Header“. Eine solche „Deep-Packet-Inspection“ wird vom Telekommunikationsgesetz an enge Vorgaben gebunden, etwa bei der Abwehr von Schadsoftware.

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