Bittere Niederlage für SAP im Rechtsstreit mit Oracle

Washington/Oakland (dpa) - Teure Niederlage für SAP im Datenklau- Prozess: Der deutsche Softwarehersteller muss seinem US-Rivalen Oracle wegen Urheberrechtsverletzungen 1,3 Milliarden Dollar (knapp eine Mrd Euro) zahlen.

Das entschied in der Nacht zum Mittwoch ein Geschworenengericht im kalifornischen Oakland. SAP prüft eine Berufung gegen das Urteil. Mitarbeiter der Software-Wartungsfirma TomorrowNow hatten nach dem Kauf des Unternehmens durch SAP 2005 in großem Stil unrechtmäßig Updates bei Oracle heruntergeladen.

Oracle hatte dies zunächst als Industriespionage gewertet und 2007 geklagt. Später sprach der US-Konkurrent dann nur noch von Datenklau. SAP räumte ein Fehlverhalten ein und bot an, gut 40 Millionen Dollar als Wiedergutmachung zu zahlen. Oracle verlangte nach einigem Hin und Her aber 1,7 Milliarden Dollar. Der Finanznachrichtenagentur Bloomberg zufolge ist das die höchste Schadenersatzsumme in einem Prozess um Urheberrechtsverletzung. Dabei ist allerdings noch offen, ob SAP tatsächlich den Riesenbetrag wird zahlen müssen: Es ist nicht unüblich, dass sich die Summen im späteren Verlauf der Auseinandersetzung noch reduzieren.

„Wir sind natürlich enttäuscht über dieses Urteil und werden alle möglichen Optionen verfolgen“, teilte SAP mit. Dazu zähle falls notwendig auch eine Berufung. Man hoffe jedoch, den Fall auch ohne jahrelanges juristisches Tauziehen lösen zu können, hieß es ohne nähere Details. Frühere SAP-Versuche, die Angelegenheit mit einem Vergleich beizulegen, soll Oracle bereits abgeschmettert haben. Für SAP ist die Milliarde Euro viel Geld - das entspricht zum Beispiel dem doppelten Gewinn des dritten Quartals.

SAP ist der Weltmarktführer für Unternehmenssoftware, die Firmen hilft, ihre Geschäftsprozesse zu steuern. Oracle-Chef Larry Ellison gab in den vergangenen Jahren dutzende Milliarden Dollar für Firmenzukäufe aus, um aufzuholen, rangiert aber weiterhin auf Platz zwei.

Das Geschäftsmodell von TomorrowNow war, günstige Wartung für Unternehmenssoftware anzubieten. Oracle hatte die Software- Hersteller, deren Produkte TomorrowNow betreute, nacheinander aufgekauft. SAP wollte die Wartungsfirma danach als Türöffner nutzen, um in großem Stil Oracle-Kunden abzuwerben. Nach Darstellung der Deutschen war dieser Plan jedoch nur von mäßigem Erfolg gekrönt: Nur 86 von 358 TomorrowNow-Kunden hätten SAP-Software erworben. SAP hatte TomorrowNow 2008 dichtgemacht.

Die Geschworenen legten für die Summe den Wert der von TomorrowNow heruntergeladenen Software zugrunde. Mit ihren 1,3 Milliarden Dollar blieben sie unter den von Oracle geforderten 1,7 Milliarden. Im Zuge der Gerichtsverhandlung schwebten aber auch schon Zahlen in der Größenordnung von vier Milliarden Dollar im Raum.

SAP hatte hingegen argumentiert, man müsse nur den entgangenen Verlust für Oracle durch die Abwanderung von Kunden an den deutschen Weltmarktführer berücksichtigen. Die Walldorfer hatten 160 Millionen Dollar für eventuelle Schadenersatzzahlungen zurückgestellt und sich bereiterklärt, Oracles Anwaltskosten von 120 Millionen Dollar zu übernehmen.

SAP war zuletzt etwas auf Oracle zugegangen. „Es tut mir leid“, hatte Co-Konzernchef Bill McDermott vergangene Woche als Zeuge vor Gericht Er räumte Fehler ein. Die Walldorfer Firma habe die Zügel bei der kleinen US-Tochterfirma TomorrowNow schleifen lassen. Oracle- Anwalt David Boise hatte vor den Geschworenen mehrmals betont, Millionen Dokumente seien zum Teil so aggressiv abgegriffen worden, dass die Oracle-Server in die Knie gegangen seien.

Oracle wirft der SAP-Spitze auch vor, von den Urheberrechtsverletzungen durch TomorrowNow frühzeitig gewusst zu haben. Der Konzern scheiterte aber mit dem Versuch, Léo Apotheker, den ehemaligen SAP-Chef und heutigen Spitzenmann des Oracle- Konkurrenten Hewlett-Packard als Zeuge auftreten zu lassen. Laut Oracle gelang es nicht, ihn zu finden, um ihm eine Vorladung zu überreichen.

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