Analyse: Tiefschlag für SAP in Fehde mit Oracle

Walldorf/Oakland (dpa) - Die Fehde zwischen den beiden Software-Giganten SAP und Oracle ist reich an kuriosen Anekdoten und geht bis in die Anfänge der Rivalen zurück. Den nackten Hintern soll SAP- Mitgründer Hasso Plattner seinem verhassten Gegner einmal bei einer Segelregatta gezeigt haben.

Die von einem US-Gericht verhängte Milliardenstrafe gegen die Walldorfer wegen Datenklau und Urheberrechtsverletzungen reicht aber weit über die Folgen effekthascherischer PR und Alphatier-Gehabe hinaus. Der Richterspruch geht an die Substanz des einstigen deutschen Vorzeigeunternehmens - finanziell, aber vor allem aus Imagegründen.

Nach Bekanntwerden der Industriespionagevorwürfe Anfang 2007 hatte der hitzköpfige Oracle-Chef und Plattner-Intimfeind Larry Ellison keine Gelegenheit ausgelassen, den Walldorfer Konkurrenten noch massiver als sonst zu attackieren. SAP versuchte die Vorwürfe zuerst auszusitzen und totzuschweigen. Das Management musste dann aber diesen Strategiefehler eingestehen und reumütig zugeben, dass Mitarbeiter ihrer Software-Wartungsfirma TomorrowNow unrechtmäßig Updates bei Oracle heruntergeladen hatten.

Dass sich Ellison mit der Datenklau-Affäre eine nahezu einmalige Chance bietet, dem Erzrivalen im Kampf um Marktanteile bei Unternehmenssoftware eine empfindliche Niederlage beizubringen, wurde schließlich rund um den Prozess vor einem US-Gericht im kalifornischen Oakland deutlich. Der Oracle-Chef legte mit seinen Vorwürfen fast täglich nach, die Schadenersatzforderungen stiegen nach und nach auf 1,7 Milliarden Euro. Die ehemalige und amtierende SAP-Führungsspitze wurde vor Gericht vorgeladen.

Der erst seit Frühjahr amtierende und in der Fehde unbelastete Co-Konzernchef Bill McDermott leistete vor Gericht zwar Abbitte und entschuldigte sich offiziell für den Vorfall. Und auch Plattner räumte in einem „Spiegel“-Interview ein: „Die Sache ist denkbar blöd. Wir haben einen Weg eingeschlagen, den wir nie hätten betreten dürfen.“ Die Tragweite der juristischen Auseinandersetzung haben die Walldorfer aber offenbar verkannt.

1,3 Milliarden US-Dollar (knapp eine Milliarde Euro) muss SAP nach dem in der Nacht zum Mittwoch deutscher Zeit verkündeten Urteil wegen Urheberrechtsverletzungen bezahlen. Die Rückstellungen, die der deutsche DAX-Konzern für das Verfahren gebildet hat, liegen jedoch nur bei 160 Millionen Dollar (rund 115 Mio Euro). Vor der Veröffentlichung der Zahlen für das dritte Quartal standen sogar nur 60 Millionen Dollar in den Büchern.

Die undankbarste Aufgabe kommt nun den beiden Newcomern in der SAP-Kommandozentrale zu: Dem Amerikaner McDermott und seinem Co- Vorstandschef Jim-Hagemann Snabe. Mit großer Charme-Offensive hatten die beiden Manager ihren Job angetreten, nachdem ihr ungeliebter Vorgänger Leo Apotheker von Übervater Plattner vom Hof gejagt wurde.

Glänzende Zahlen wurden von der neuen Führungsspitze zum dritten Quartal vorgelegt und als Prognose ausgegeben, den Umsatz mit Software und softwarebezogenen Dienstleistungen um bis zu elf Prozent zu steigern (2009: 8,2 Milliarden Euro). Die Gewinnkennziffer der operativen Marge soll bei bis zu 31 Prozent liegen, im vergangenen Jahr hatte sie 27,4 Prozent betragen.

Diese operativen Ziele sollen durch die Milliardenstrafe nicht tangiert werden, versicherte am Mittwoch ein Unternehmenssprecher in Walldorf. Wie SAP die Milliardenstrafe verbuchen wird, konnte der Sprecher aber nicht sagen. Auch die Reaktion der SAP-Kunden muss abgewartet werden. Die Börse reagierte empfindlich auf die Strafe. Im frühen Handel rutschte der SAP-Titel gegen den positiven Trend im DAX um rund ein Prozent unter 36 Euro. Der Softwarekonzern prüft, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Erste Schritte werden noch in diesem Jahr erwartet.

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