Vorratsdaten: Ein Placebo aus dem Justizministerium

Vorerst kommt kein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung.

Ein Kommentar von Olaf Steinacker.

Ein Kommentar von Olaf Steinacker.

Foto: Young David (DY)

Justizminister Heiko Maas ist gerade drei Wochen im Amt — und schon ist Feuer unterm Dach. Dabei las sich im mühsam ausgehandelten Koalitionsvertrag alles so wunderbar. Grundsätzlich haben weder Schwarz noch Rot ein Problem damit, dass Telekom-Unternehmen ohne konkrete Gefahr oder Anfangsverdacht massenhaft Daten über den Telefon- und E-Mail-Verkehr von unbescholtenen Menschen speichern. Vor allem die Hardliner aus dem bayrischen Freistaat wird das gefreut haben. In der neuen Koalition müssen sich die Christsozialen nun nicht mehr mit einem Partner herumschlagen, der sich lautstark für Freiheits- und Bürgerrechte starkmacht. Selbst wenn dies zum Schluss nur noch in Person der FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger geschah.

Zwar sind auch weite Teile der SPD-Basis nicht mit der anlasslosen Datenspeicherung einverstanden — vor allem im Licht der NSA-Überwachung haben sich Meinungen verschoben. Viele haben aber dennoch zugestimmt, die umstrittene EU-Richtlinie umzusetzen.

Die Vorgabe aus Brüssel allerdings wackelt nach einem juristischen Gutachten in ihrer jetzigen Form. Da die Vorratsdatenspeicherung aber nicht grundsätzlich infrage gestellt wird, werden sich wohl nur ihre Bedingungen ändern. Zwei Jahre gelten als zu lange, dass eine verkürzte Speicherfrist kommt, ist aber wahrscheinlich. Möglicherweise sind sogar die von Deutschland ins Spiel gebrachten drei Monate eine Option.

Das dürfte auch Justizminister Maas wissen, selbst wenn er behauptet, die Richtlinie könne unter Umständen komplett einkassiert werden. Dennoch ist seine abwartende Haltung richtig. Warum sollte Deutschland etwas in Gesetzesform gießen, was in wenigen Wochen wieder passé ist? Mit diesem Hinweis lässt sich auch die drohende Geldstrafe der EU abwehren.

Vor einer Sache muss man sich aber hüten. Maas’ Haltung ist politischer Pragmatismus und bestenfalls eine rhetorische Beruhigungspille für die Kritiker aus den eigenen Reihen. Keinesfalls ist es der Kampf gegen ein höchst fragwürdiges Instrument. Maas will Bürgerrechte zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit machen — wohl an. Es gibt viel zu tun.

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