Meinung Überfälliges Konzept für eine überforderte Behörde

Frank-Jürgen Weise ist um seinen Zweitjob nicht zu beneiden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), deren Leiter Weise im letzten Herbst wurde, ist auch eine Art Buhmann, wann immer die Rede auf das Chaos bei der Registrierung und Verwaltung des Flüchtlingszuzugs kommt.

Vor allem bei den Ländern steht die Behörde in der Dauerkritik — zu langsam, zu unflexibel, kurzum, unfähig. Aber der immer größer werdende Berg unbearbeiteter Asyl-Vorgänge ist in der Tat kein Ruhmesblatt. Weise gilt als „Macher“, als Organisationstalent, aber auch er brauchte eine ziemlich lange Anlaufphase, um die Schwachstellen zu analysieren und ein Konzept zu erstellen, das für Abhilfe sorgen könnte. Die jetzt geplanten Maßnahmen sind da sicher ein hoffnungsvolles Zeichen. Doch dergleichen hätte man sich schon im vergangenen Jahr gewünscht. Zumal die Überforderung der Behörde eine mit Ansage war.

Die Berliner Politik ist daran zweifellos mitschuldig. „Wir schaffen das“ ist eben keine Handlungsanweisung, wie was zu schaffen ist. So blieb die Zahl der bearbeiteten Asylanträge immer stärker hinter den neuen Fälle zurück. Bislang ist noch nicht einmal klar, wie viele Asylsuchende sich genau in Deutschland aufhalten. Manche sind untergetaucht, andere vielleicht nach Skandinavien weitergezogen. Und wer bleiben will, kann sich oft genug alles andere als gut aufgehoben fühlen. Man denke nur an die völlig aus dem Ruder gelaufenen Zustände vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales in der Hauptstadt. Es sind solche Bilder, die den Rechtsradikalen die Sympathisanten zutreiben und Bürger an der Lösungskompetenz der Regierung zweifeln lassen. Solche Bilder sind Gift für die Demokratie.

Mehr Personal, eine ordentliche Registrierung und ein elektronischer Datenabgleich, der Missbrauch von Leistungen verhindert — das sind zweifellos geeignete Schritte, um dem Eindruck des politischen Kontrollverlustes zu begegnen. Allerdings braucht es dafür auch ein überzeugendes Signal, das Flüchtlinge nicht unbegrenzt ins Land kommen. Und es braucht eine klare Botschaft, wie mit den Neuankömmlingen ohne Bleiberecht verfahren wird. Im vergangenen Jahr war das immerhin rund jeder zweite Fall. Hier kommen die Bundesländer ins Spiel, denn die Abschiebungen werden dort sehr unterschiedlich gehandhabt. Insofern ist es auch scheinheilig, immer nur Weises Asyl-Behörde den Schwarzen Peter zuzuschieben.

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