Meinung Spitzel bei der Predigt? Das geht zu weit, Herr Kauder

Dass führende CDU-Politiker sich vor dem AfD-Parteitag bemüßigt fühlen, in der Öffentlichkeit mit Forderungen zu glänzen, die dem AfD-Klientel gefallen könnten, ist kein gutes Zeichen. Denn es bedeutet, dass CDU und CDU im Umgang mit der AfD offenbar in die gleiche Falle laufen, in die die SPD vor Jahren mit der Linkspartei gelaufen ist: Statt klar die eigenen Positionen zu schärfen, wird um den problematischen Rand gebuhlt.

Meinung: Spitzel bei der Predigt? Das geht zu weit, Herr Kauder
Foto: Schwartz, Anna (as)

Das wird am Ende nicht weniger Stimmen kosten, aber auf dem Weg zum Prozente-Verlust bei den nächsten Wahlen auch noch den Markenkern der Christdemokraten beschädigen.

Dass nun Unionsfraktionschef Volker Kauder allen Ernstes mit anderen Worten vorschlägt, staatliche Spitzel mögen in den Moscheen mitschreiben, ob der Imam etwas Problematisches sagt, erinnert an dunkle Zeiten. Das hatten wir schon von 1933 bis 1945. Und diejenigen Deutschen, die das Pech hatten, von 1961 bis 1989 auf der falschen Seite der Mauer zu leben, hatten es noch viel länger. Was Kauder mit der Forderung anrichtet, weiß er wahrscheinlich selber nicht.

Was den Unfug aber noch ärgerlicher macht: Im gleichen Interview, in dem der CDU-Spitzenpolitiker die Bespitzelung von muslimischen Geistlichen in muslimischen Gotteshäusern fordert, lehnt er es ab zu verlangen, das alle Imame deutsch sprechen sollten. Das, so Kauder, seien „Scheindebatten.“ Das ist falsch. Volker Kauder weiß auch, dass es falsch ist, und er sagt es mit Absicht.

Die Anhänger der Kauder-Position — man darf vermuten: einschließlich der Kanzlerin — möchten nämlich die richtige und notwendige Debatte darüber vermeiden, dass die meisten Imame in Deutschland auf der Gehaltsliste des Präsidiums für Religionsangelegenheiten der Türkei, kurz „Diyanet“ stehen. Die Behörde zur Verwaltung religiöser Angelegenheiten in der Türkei untersteht dem Ministerpräsidenten. Die Behörde sucht als höchste islamische Autorität der Türkei aus, welche Imame sie nach Deutschland schickt.

Über ihre Auswahl, ihre Ausbildung und ihre Sprachkenntnisse hätte die Bundesrepublik mit der Türkei längst Klartext reden müssen. Genau das hat aber jede Bundesregierung aus der Angst vermieden, mit der Türkei dann nicht mehr ihre fragwürdigen Deals abschließen zu können. Statt Überwachungen (die bei Problem-Moscheen übrigens längst stattfindet) sollte Kauder den Verhandlungsmut der Kanzlerin einfordern. Falls er sich das traut. Es wäre sein Job.

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