Meinung Sauberes Fahren: Politik versagt auf ganzer Linie

Alle wissen es, aber die Politik tut so, als ließe sich das Problem mit ein paar Elektrobussen lösen: In deutschen Städten drohen Fahrverbote für Dieselautos. Gerichte werden sie anordnen, weil die Luft seit vielen Jahren einfach zu schlecht ist, Gesetze also missachtet werden.

Meinung: Sauberes Fahren: Politik versagt auf ganzer Linie
Foto: Sergej Lepke

Die Autobauer haben manipuliert und uns belogen. Weder beim Verbrauch noch beim Schadstoffausstoß stimmt das, was die Industrie behauptet. So weit, so bekannt. Neu ist, dass etliche Autofahrer das Problem verschärfen. Sie manipulieren ihre Fahrzeuge. Da werden Abgassystem ausgeschaltet, Partikelfilter deaktiviert und Motorsteuergeräte umprogrammiert. Das spart Kraftstoff, steigert die Leistung und erhöht drastisch den Schadstoffausstoß. Millionenfacher Rechtsbruch auf Kosten unser aller Gesundheit.

Die Informationen stammen vom Tüv. Wenn es um Autos geht, gibt es deutlich unseriösere Quellen. Nach Angaben vom Verbandschef Joachim Bühler ist das Problem bei der Politik seit Jahren bekannt. Reaktionen gab es dennoch nicht. Weil es technisch möglich wäre, könnte der Tüv die Manipulationen aufdecken. Das scheint im Bundesverkehrsministerium aber niemand zu wollen, jedenfalls fehlt der gesetzliche Rahmen. Unfassbar. Hinzu kommt, dass die Partikelzahl bei Dieselautos vom Tüv erst ab 2021 gemessen werden darf. Und dass von einer Kontrolle der Stickoxide beim Tüv überhaupt keine Rede ist. Was sich Abgasuntersuchung nennt, ist in Wahrheit eine Farce.

Richtig: Für den Industriestandort Deutschland hat die Autobranche eine überragende Bedeutung. Und es ist durchaus klug, dass die Politik bei Belastungen für Autofahrer sehr zurückhaltend agiert. Aber Mobilität kann morgen nur funktionieren, wenn sie mit weniger Schadstoffen abläuft und übermorgen emissionsfrei ist. Letztlich hilft es der deutschen Autoindustrie nicht, wenn Berlin immer wieder versucht, sie bei der geplanten Verschärfung von Abgasvorschriften zu schützen. Im Gegenteil: In Sachen Hybridtechnik, Brennstoffzellenauto oder Elektrofahrzeug sind die Deutschen deshalb nicht vorne, weil die Forschungsmilliarden viel zu lange in die Verbrennungsmotoren geflossen sind. Die Politik kann und darf den Ingenieuren nicht vorschreiben, welche Technik die richtige ist. Aber sie muss den Rahmen für sauberes Fahren setzen. Leider spricht derzeit nichts dafür, dass die Akteure in Berlin das verstanden haben. Vielleicht hilft der Druck aus China. Denn auf diesem für deutsche Autobauer wichtigsten Markt haben Dreckschleudern keine Chance mehr.

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