Rückkehr der Aktie: Zocken war gestern

Warum die Anleger plötzlich die Aktie wieder entdecken

Vor zehn Jahren, als Millionen naive Börsenneulinge mit der Telekom-Aktie eine Menge Geld verloren, schien klar, dass Deutschland nie ein Land von Aktionären wird. Zu tief saß die Enttäuschung. Pauschal wurde das Börsengeschehen als riskante und skrupellose Spekulation verteufelt.

Doch auch wenn wir gegenüber vielen anderen Ländern weiterhin Aktien-Entwicklungsland sind, überrascht es, dass plötzlich so viel mehr Menschen auf die einst geächteten Papiere setzen. Droht ihnen wieder ein Dilemma wie denen, die im Boomjahr 2000 kauften und dann ihr Abenteuer deutlich ärmer beendeten?

Wahrscheinlich funktioniert es diesmal besser. Denn einst hofften — angeheizt durch selbsternannte Stammtisch-Gurus und eine fahrlässige Telekom-Werbung mit dem Schauspieler Manfred Krug — euphorisierte Laien auf den schnellen Reichtum. Sie kauften viel zu teuer ein. Heute hingegen gibt es kaum Spekulationsblasen. Wer jetzt Aktien erwirbt, sucht angesichts der Krisenstimmung und der extrem niedrigen Zinsen eine solide Anlageform.

Und auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen, sind Aktien genau das. Der kluge Anleger ist kein Zocker, sondern kauft mit der Aktie etwas Solides, nämlich die Beteiligung an einem Unternehmen. Wenn dieses gut wirtschaftet, erhält er jährlich eine Dividende und kann sich vielleicht sogar über eine Wertsteigerung freuen. Selbst Inflation oder Kriegswirren überstehen Aktienbesitzer häufig langfristig betrachtet gut.

Eine Erfolgs-Garantie gibt es im Land der Bullen und Bären — das sind die Symbolfiguren der Börse — allerdings nicht. Wer etwa auf ein Unternehmen setzt, das individuelle Fehler macht, wird Geld verlieren. Wenn die Konjunktur in den Keller rauscht, schadet das den meisten Kursen. Nur wer sich gründlich informiert, das Risiko etwa dank Fonds streut, langfristig denkt und nicht sein gesamtes Geld zur Börse trägt, kann es wagen.

Wahrscheinlich werden die deutschen Anleger der Aktie weiterhin treu bleiben. Was außer mit Erkenntnisgewinn mit der politischen Lage zu tun hat. So lange das Vertrauen in den Euro weiter sinkt und festverzinsliche Anlagen wegen niedriger Zinsen bei gleichzeitig höherer Inflation sogar einen Realverlust bedeuten, bleibt das so. Also noch lange.

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