Rösler beherrscht Regeln im Machtpoker

Die Liberalen müssen jetzt zeigen, warum man sie wählen soll.

Im Volksmund heißt es: Man soll gehen, wenn es am schönsten ist. Philipp Rösler hätte sich den Spruch zu Herzen nehmen können nach diesem FDP-Wahlerfolg in Niedersachsen, den kein Demoskop in dieser Deutlichkeit auf seiner Rechnung hatte. Doch der Parteichef hat stattdessen auf Angriff geschaltet und seinen parteiinternen Widersachern zu verstehen gegeben, dass auch er die Spielregeln im Machtpoker beherrscht.

Mit seinem Angebot an Rainer Brüderle, den Parteivorsitz zu übernehmen, war Rösler ein hohes Risiko eingegangen. Dass sein Kontrahenten im entscheidenden Moment Angst vor der eigenen Courage bekam und sich mit der Rolle des Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl abspeisen ließ, gibt Rösler alle Trümpfe in die Hand. Brüderle hingegen muss sich damit begnügen, die Nummer zwei zu sein. Denn eines ist sicher: Wer in den nächsten Monaten versuchen wird, den Parteichef zu stürzen, begeht politischen Selbstmord. Und die Verantwortung für den Wahlausgang im September liegt nun zuallererst bei Brüderle.

Die Führungskrise bei den Liberalen mag zwar beigelegt sein. Ob die Wähler aber das neue Tandem goutieren, darf bezweifelt werden. Denn die FDP bleibt den Beweis schuldig, über ein Team zu verfügen, das auch ohne Leihstimmen-Kampagne in der Lage ist, ein gutes Resultat im Bund einzufahren. Der CDU wird nicht noch einmal der Fehler unterlaufen, den kleinen Partner selbstlos mit Stimmen-Doping zu helfen.

Die FDP muss endlich zeigen, warum man sie noch wählen soll. Zu Zeiten von Herbert Wehner und Willy Brandt auf der einen sowie Franz Josef Strauß und Helmut Kohl auf der anderen Seite waren die Liberalen Brückenbauer, die Partei der Mitte. Heute haben sich die Volksparteien soweit angenähert, dass diese Funktion überflüssig geworden ist. Die FDP muss ihr Profil schärfen. Aber dazu bedarf es starker Persönlichkeiten. Diese sind in der FDP derzeit nicht zu finden. Stattdessen führt ein Tandem aus zwei Rivalen die Partei in die entscheidende Wahlschlacht im September. Da reicht Glück allein im (Macht-)Spiel nicht aus.

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