Parteien sind mehr als Kanzlerwahlvereine

Die Politik in Deutschland braucht den Diskurs über Inhalte

Viel Zeit zum Anlauf nehmen haben Deutschlands Politiker im neuen Jahr nicht. Bereits am 20. Januar bestimmen die Niedersachsen, welchen Kurs die im Bundestag vertretenen Parteien mit Blick auf die Wahl im September einschlagen werden. Gewinnt Rot-Grün in Hannover, wird es das Regierungslager erschüttern und der FDP einen neuen Vorsitzenden bescheren. Der dürfte Rainer Brüderle heißen und die Liberalen im Wahlkampf auf das Thema Wirtschaftswachstum eichen.

Und die Union? Die wird sich noch mehr auf die Wertschätzung für Bundeskanzlerin Angela Merkel im Wahlvolk verlassen. Gewinnt Schwarz-Gelb die Wahl in Niedersachsen wider Erwarten, geht es alles weiter wie bisher. Die SPD hadert mit ihrem Kanzlerkandidaten, an den Grünen nagt Zweifel an der These, dass ein Bündnis mit der Union Teufelswerk ist. Und in der FDP darf Philipp Rösler weiter den Beweis antreten, dass er dem Amt des Vorsitzenden nicht gewachsen ist. Mit anderen Worten: Die Parteien beschäftigen sich mit sich selbst. So oder so.

Dabei gibt es im Wahljahr 2013 viele Fragen zu beantworten. Was kostet die Eurokrise die Steuerzahler? Und wer sagt es ihnen endlich? Wie teuer wird die Energiewende wirklich? Welche Rezepte helfen gegen Altersarmut? Wie schafft es die Politik, Parallelgesellschaften aufzulösen? Wie wird Deutschland familienfreundlicher? Wie können Städte und Gemeinden finanziell so ausgestattet werden, dass nicht allerorten Gebühren und Steuern steigen, während Schwimmbäder und Bibliotheken geschlossen werden?

Diese Fragen hätten auch schon in den vergangenen Jahren Antworten verdient. Doch der Wettbewerb der Parteien wird zunehmend personalisiert und ist immer weniger sachorientiert. In dieser Hinsicht sind die USA ein schlechtes Vorbild. In Wirklichkeit geht es nicht um Merkel oder Steinbrück. Es geht um das bessere politische Konzept. Es geht darum, wer Deutschland zukunftsfest machen kann.

Die Parteien haben noch fast zehn Monate Zeit zum Diskurs über Inhalte. Sie sollten sie nutzen und sich nicht länger zu Wahlvereinen ihres jeweiligen Spitzenpersonals machen lassen. Die politische Kultur, die Wähler und die Parteien selbst würden davon profitieren.

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