Meinung Österreich blamiert — die Folgen sind unabsehbar

Der Ablauf der jüngsten Präsidentenwahl in Österreich darf man mit Fug und Recht als skandalös bezeichnen. Die unglaubliche Schlamperei, mit der Stimmen der Wähler praktisch ungültig gemacht wurden, befeuert das Vorurteil, die Alpenrepublik sei eher eine Bananenrepublik, die es mit Gesetzen und Vorschriften nicht besonders genau nimmt.

Meinung: Österreich blamiert — die Folgen sind unabsehbar
Foto: Sergej Lepke

Angeblich aus Zeitnot Kuverts vorzeitig zu öffnen und nicht Befugte auszählen zu lassen — dieses Vorgehen bei einer Wahl ist unglaublich in einem Rechtsstaat. Die Richter des Verfassungsgerichtshofes in Wien hatten gar keine andere Wahl, als das unter diesen Umständen zustande gekommene Votum der Wähler mit Pauken und Trompeten einzukassieren.

Jetzt beginnt das Bangen rund um die Alpenrepublik erneut. Der frühere Grünen-Chef Alexander Van der Bellen hatte die nun obsolete Präsidentenwahl mit 50,3 Prozent der Stimmen denkbar knapp gewonnen. Was passiert nun? Der rechtspopulistische FPÖ-Mann Norbert Hofer frohlockt natürlich und glaubt an seine zweite Chance. Er wird seine — leider — sehr zahlreichen Wähler motivieren, erneut zu den Urnen zu gehen. Vielleicht auch mit dem Argument, dass die FPÖ mit der Anfechtung endlich wieder für eine saubere Wahl gesorgt hat. Ganz sicher wird es erneut um die Flüchtlingsfrage gehen. Hofer hatte mit seiner harschen Kritik an dem Zick-Zack-Kurs der großen Koalition gepunktet. Erst hieß man die Flüchtlinge willkommen, ein paar Monate später wurden die Grenzen dicht gemacht.

Die große Koalition aus SPÖ und ÖVP hat sich — ohne eigene Kandidaten — einen gravierenden Fehler zu Schulden kommen lassen. Im Vorfeld der Präsidentschaftsstichwahl hatte sie es versäumt, Position für einen Kandidaten zu beziehen, also für Van der Bellen. Das wäre ein Zeichen an die Wähler gewesen, eben nicht auf den populistischen Zug aufzuspringen. Dazu konnten sich die Koalitionäre aber nicht durchringen.

Die Wähler in Österreich sollten sich gut überlegen, wie die letzte Kampagne von Populisten — inklusive Fremdenfeindlichkeit — ausgegangen ist. Sie nennt sich Brexit, spaltet die Europäische Union, zerreißt aktuell ganz Großbritannien und wird gesellschaftliche sowie wirtschaftliche Folgen haben, die bisher niemand voraussehen kann. Sollte die FPÖ tatsächlich den Präsidenten in der Alpenrepublik stellen, würde dies einen politischen Erdrutsch darstellen — mit unabsehbaren Folgen.

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