Meinung Noten in der Schule? Lassen wir es, wie es ist!

Ein Schulalltag ohne Noten, dafür mit individuellen Berichten über den jeweiligen Lernfortschritt, persönliche Begabungen, womöglich auch über die charakterlichen Eignungen des Schülers — ist das die künftige Lösung von der ersten Klasse bis spätestens zum Abitur?

Meinung: Noten in der Schule? Lassen wir es, wie es ist!
Foto: Sergej Lepke

Bitte nicht. Wenn die Schule auf das Leben vorbereitet, wie der Volksmund sagt, dann ist es auch Aufgabe der Lehranstalt, Schüler auf Wettbewerb und Vergleichbarkeit vorzubereiten — so plagend das für Beteiligte im Einzelfall auch sein mag. Schule im Elfenbeinturm inmitten einer Leistungsgesellschaft — das wäre wirklich der falsche Ansatz.

Natürlich können auch Persönlichkeitsanalysen Vergleichbarkeit leisten, aber eben sehr viel umständlicher. Nicht umsonst hat sich Schule auf einen ständig überprüfbaren Katalog von Standards geeinigt, an denen Leistung definiert und über eine Note Vergleichbarkeit hergestellt wird. In diesem bestehenden System von fixen Anforderungen jetzt von Noten auf Persönlichkeitsanalysen umzustellen, hat wenig Sinn. Dafür müsste Schule vielmehr ganz neu gedacht werden. Das ist ein Ansatz, aber darum geht es in dieser Debatte selbst der Gewerkschaft nicht.

Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Der Katalog muss fortlaufend dahingehend überprüft werden, ob er angemessen auf individuelle Fähigkeiten eines Schülers reagieren und diese eben auch in die Bewertung einfließen lassen kann. Denn das ist der gewichtigste Vorwurf der Anti-Noten-Fraktion: dass man mit Noten den individuellen Stärken eines Schülers nicht gerecht würde. Ja, warum denn bitte nicht, wenn der Bewertungsmaßstab stimmt?

Gewiss: Noten sind manchmal leider auch subjektiv, mal ungerecht, aber in der Hauptsache sind sie: Konsens — und werden viel weniger von den Beteiligten hinterfragt, als es manche Gewerkschaft glauben machen will. Vieles baut auf ihnen auf: Die Auswahl der Unternehmen, die Zulassung zu Studienfächern. Wer wollte sich als künftiger Arbeitgeber durch bergeweise schriftliche Beurteilungen kämpfen, in denen sprachlich manches geglättet sein dürfte, was eine Note sehr viel definitiver vermitteln kann? Abermillionen sind durch eine harte Schule gegangen, gepflastert mit Noten. Viele davon haben daraus Motivation geschöpft, mancher mag zeitweise daran verzweifelt sein, die meisten von ihnen haben sich aber wieder nach vorne gekämpft. Kurzum: Lassen wir es, wie es ist!

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