Merkels Mannschaft ist kein Team

In diesen Tagen reden alle von Mannschaftsspiel und Teamgeist. Nicht nur bei der Fußball-WM in Südafrika, sondern auch in der schwarz-gelben Koalition in Berlin.

Doch im Gegensatz zur deutschen Elf zeigt sich die Bundesregierung angeschlagen. Die Hoffnung der Kanzlerin, mit der Präsidentenwahl Einigkeit zu demonstrieren und der eigenen Gefolgschaft sowie den Bürgern ein Aufbruchsignal zu geben, hat sich zerschlagen.

Angela Merkels Macht ist ein Stück weiter gebröckelt. Das ist bitter, denn es gab Zeiten, da stimmte das schwarz-gelbe Mannschaftsspiel.

Denken wir an Adenauer, der einst zusammen mit den Liberalen das Fundament der Republik schuf - von der Marktwirtschaft bis hin zur Westbindung.

Oder nehmen wir Kohl und Genscher, die 16 Jahre lang überwiegend geräuschlos das Land regierten. Genau das ist die größte Schwierigkeit der Regierung Merkel: Ihr ist es in den vergangenen neun Monaten nicht gelungen, Probleme effektiv anzugehen.

Die Kanzlerin hat ihr Team nicht im Griff. Ob Sparpaket, Gesundheitsreform, Opel-Hilfen oder AKW-Laufzeiten - gestritten wird stets öffentlich.

Die einstigen Traumpartner haben sich in den Jahren der rot-grünen und der Großen Koalition auseinandergelebt. Die CDU versucht sich als zweite sozialdemokratische Kraft, die FDP setzt verstärkt auf freie Marktwirtschaft.

So vergrößert sich die Kluft zwischen Politik und Bevölkerung. Dabei waren die Voraussetzungen für einen Neustart der Koalition nie besser: Die Konjunktur zieht wieder an, die Arbeitslosenzahlen sinken, die Krise des Euro scheint auf absehbare Zeit eingedämmt.

Stattdessen muss sich Merkel fragen, ob sie noch über Rückhalt verfügt. Eine Vertrauensfrage würde die Antwort bringen. Doch mit Blick auf sechs Landtagswahlen ist das riskant. Die Kanzlerin kann sich seit Mittwoch nicht mehr sicher sein, eine Mehrheit zu haben.

Aber allein durch routiniertes Weiterregieren wird sie den Absturz der Koalition nicht verhindern können. Taktisch klug wäre es, starke Figuren wie Roland Koch einzubinden. Das würde auch Teile der verprellten Parteibasis versöhnen.

Vielleicht bekommt Merkel am Samstag in Kapstadt eine Lehrstunde in Sachen Mannschaftsspiel. Von Löws Elf siegen lernen - kein schlechter Gedanke.

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