Meinung "March for Science": Widerstand aus dem Elfenbeinturm

Sie arbeiten im Labor, im Hörsaal, in der Bibliothek. Wissenschaftler bekommt die Öffentlichkeit nur mal zu Gesicht, wenn sie in den Medien befragt oder in Norwegen für Leistungen geehrt werden, die ein Normalsterblicher nicht nachvollziehen kann.

Peter Kurz.

Peter Kurz.

Foto: Sergej Lepke

Und nun sind sie weltweit schon zum zweiten Mal auf die Straße gegangen — zum Demonstrieren. Um bei ihrem „March for Science“ die Wissenschaft zu verteidigen und gegen Populismus zu protestieren.

Der Anlass ist nachvollziehbar — in Zeiten, da in den USA ein Mann das Sagen hat, der per Twitter mal eben so seine alternativen Fakten verkündet. Sei es zum menschengemachten Klimawandel, den die bösen Chinesen erfunden hätten, um der US-Wirtschaft zu schaden. Oder auch zu behaupteten Schrecken, die Impfungen mit sich brächten. „Mit dem Smartphone in der Hand und der Bronzezeit im Kopf werden wir die großen Probleme der Gegenwart nicht bewältigen können“, warnt da zu Recht der Philosoph Michael Schmidt-Salomon.

Nicht nur aus dem Weißen Haus heraus, sondern weltweit werden Meinungen an die Stelle von wissenschaftlichen Erkenntnissen gestellt. Da ist es wichtig, dass Wissenschaftler aus ihrem Elfenbeinturm herabsteigen und gegenhalten. So wie das am Samstag einer der Demonstranten in Köln tat, als er ein Plakat mit einem darauf abgebildeten Gehirn hochhielt. Darauf der Satz: „Ich kann das nicht lauter erklären, nur besser.“

Eben dieses Gegenhalten ist auch tagtäglich im Internet gefragt. Laut und vieltausendfach sind nämlich die Behauptungen, die via sozialen Netzwerken auch die abstrusesten Meinungen einem evidenzbasierten nachprüfbaren Wissen entgegenstellen. In Zeiten, da die Menschen in den so erzeugten Wirklichkeitsblasen gefangen sind, muss sich die Wissenschaft zu Wort melden.

Wir haben nicht nur eine Physikerin als Kanzlerin. Beim deutschen „March of Science“ gingen am Wochenende auch Wissenschaftsministerinnen mit auf die Straße. Das mag beruhigen. Es zeigt aber, dass da eine Selbstverständlichkeit ins Wanken geraten ist. Die Selbstverständlichkeit, dass auf wissenschaftlicher Basis gefundene Ergebnisse die Basis für politische Entscheidungen sein sollten.

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