Meinung Macron riskiert Ärger

Emmanuel Macron gönnt sich den ganz großen Auftritt. Offensichtlich ist dem ehrgeizigen Präsidenten der Élysée-Palast in der Hauptstadt schon zu klein geworden. Für seine Rede vor dem Kongress musste es gestern das Schloss von Versailles sein, mit dem sich Sonnenkönig Ludwig XIV. vor den Toren von Paris einst eine absurd überdimensionierte Residenz zulegte.

Mehr Pomp geht nicht. Der 39-Jährige hält diesen Rahmen allerdings für angemessen, um den Bürgern seine Vision von einem zukunftsfähigen Frankreich zu erläutern. Und weil er sehr viel vorhat, will Macron daraus ein jährliches Ritual machen — so wie US-Präsidenten mit ihren Reden zur Lage der Nation.

Wichtiger als solche Fragen des Stils sind in der Politik naturgemäß die Inhalte. Und da ist Macron überzeugender unterwegs. Er will den Wandel. Vor allem beim Arbeitsrecht. Firmen sollen mehr Spielraum bei der Festlegung von Arbeitsbedingungen erhalten, womöglich sogar unter Umgehung von Tarifverträgen. Geplant ist, Kündigungsregeln aufzuweichen und Abfindungen für gekündigte Mitarbeiter zu begrenzen. Macron möchte es den Firmen erleichtern, neue Mitarbeiter einzustellen. Die Arbeitslosenquote soll auf zuletzt 9,3 auf sieben Prozent gedrückt werden. Schon Mitte September wird die Reform in Kraft treten, weil die Mehrheit im Parlament sicher ist.

Auf Widerstand trifft Macron trotzdem. Die Gewerkschaften haben zu Demonstrationen und Streiks aufgerufen. Sie bezweifeln, dass das komplexe Arbeitsrecht Ursache der hohen Arbeitslosigkeit ist. Dass sein Weg der richtige ist, nehmen die Gewerkschaften dem neuen Präsidenten noch nicht ab. Das Verhältnis zwischen Macron und den Arbeitnehmer-Funktionären gilt als schwierig. Und das bleibt vermutlich auch so. Denn der weitere Plan des Präsidenten sieht vor, dass die Franzosen nicht mehr so lange Arbeitslosengeld bekommen und später in Rente gehen. Macron geht dem Ärger nicht aus dem Weg. Das verdient Respekt.

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