Luftbrücke nach Port-au-Prince

Die Bilder lassen unseren Atem stocken: Berge von Leichen, Trümmer, so weit das Auge reicht. Verzweifelte Menschen, die mit bloßen Händen nach Verschütteten graben - Apokalypse in Haiti. Und dann die Nachrichten von der Karibik-Insel: Hunderttausende Obdachlose betteln um Nahrung und Wasser, es fehlt an medizinischer Versorgung.

See- und Flughäfen sind zerstört, Flugzeuge mit dringend benötigten Hilfsgütern müssen abgewiesen werden, Konvois stecken auf dem Landweg im Stau - Chaos in einem Land, dem schon vor der Katastrophe die Stärke fehlte, eine Ordnung zu schaffen.

Das Schicksal Haitis bewegt die Weltgemeinschaft. Technische Hilfswerke stellen Infrastruktur zur Wassergewinnung bereit, mobile Hospitäler werden zusammengepackt, schweres Räumgerät wird verladen. Hunderte Millionen Euro und Dollar stehen bereit, um das Nötigste einzukaufen - was fehlt, ist eine kraftvolle Organisation, die die Führung im Kampf gegen Not und Tod in die Hand nimmt.

Dies ist die Stunde der Amerikaner. Sie haben einen Flugzeugträger in Marsch gesetzt, schicken nach und nach 10000 Soldaten nach Haiti, übernehmen die Kontrolle auf den Flughäfen und versuchen, das Chaos in den Griff zu bekommen. Haiti zu helfen sei nationale Aufgabe, hat US-Präsident Obama als Parole ausgegeben. Sogar Kuba unterstützt den Erzfeind und lässt die Air Force auf dem schnellsten Luftweg in die Notstandsgebiete fliegen.

Und schon kommen sie wieder um die Ecke, die unvermeidlichen Bedenkenträger. Koordinierungsprobleme bemängelt ausgerechnet ein haitianischer Regierungsvertreter. Die Amerikaner würden ihre eigenen Landsleute bevorzugen, nörgeln europäische Diplomaten. Und selbsternannte Menschenrechtler kritisieren fundamental, die Hilfe werde US-militarisiert.

Die Frage muss gestattet sein: Wer, wenn nicht die Weltmacht USA mit ihrem Militär, könnte aus dem Stand eine Herkulesaufgabe stemmen, wie sie sich in Haiti darstellt? Den Menschen in Port-au-Prince ist egal, wer ihnen hilft - Hauptsache, sie werden nicht alleingelassen in ihrem Elend. Das erinnert an 1948/49, als die Menschen im eingeschlossenen Berlin aus der Luft versorgt wurden - durch die "Rosinenbomber" der US-Luftwaffe.

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