Meinung Lehrermangel — das Problem verschärft sich

Neu ist das Phänomen des Lehrermangels in Deutschland nicht. Schüler und Eltern bekommen es seit Jahren zu spüren, wenn mal wieder einige Fächer über eine längere Zeit nicht unterrichtet werden können.

Neu an der gestern vorgestellten Studie ist allerdings die Erkenntnis, in welch einem rasanten Ausmaß sich das Problem zu verschärfen droht. Und das ausgerechnet an den Grundschulen. Gerade dort, wo nach der Kita die wichtigen Grundlagen für den späteren Bildungserfolg gelegt werden müssen; wo auch insbesondere das Interesse und der Spaß am Lernen geweckt werden sollen. Fehlen dort die Lehrer, zumal die engagierten, kann sich das auf die Schullaufbahn eines Kindes extrem negativ auswirken.

Schuld an der Misere ist zu einem großen Teil die Politik. Seit Jahren begeht sie immer wieder den Fehler, neue Vorgaben zu machen, ohne die Folgen weitgehend im Blick zu behalten. Angefangen beim Wechsel von G9 auf G8, der Einführung des Turbo-Abis also, über das Thema der Inklusion bis zu dem Ziel, neuerdings möglichst viele Kinder in die Ganztagsbetreuung zu bringen. Alles schön und gut — aber alles sehr personalintensiv und kostspielig. Wenn dann nicht zugleich die Rahmenbedingungen entsprechend verändert werden, durch andere Lehrpläne oder eine bessere Ausstattung der Schulen, klaffen Anspruch und Realität erst recht auseinander.

In der Folge wird dann politisch oft versucht, mit Not-OPs sozusagen am offenen Herzen dagegen zu halten. Wie etwa mit dem Instrument der (schlecht bezahlten) Quereinsteiger und Angestellten, oder mit dem Versuch, Ruheständler zurück in die Schulen zu locken. Das alles ist freilich nur halbgar und, wenn überhaupt, nur bedingt hilfreich. Wer daher glaubt, die Lehrermisere lösen zu können, indem er Teilzeitkräften ein Angebot zur Aufstockung anbietet, der irrt. Schließlich gibt es gute Gründe, wenn Lehrer angesichts ihres immer anstrengender werdenden Jobs kürzertreten wollen. Anstrengend übrigens auch deshalb, weil viele Eltern inzwischen einiges an die Schulen delegiert haben, was früher zu Hause geregelt oder vermittelt wurde.

Föderalismus hin oder her, es fehlt in vielen Ländern eine Strategie, um den Lehrerberuf wieder anziehend zu machen. Mehr Geld gehört zweifellos dazu. Für die Schulen — und für die bessere Bezahlung zahlreicher Lehrkräfte. Von der Attraktivität der Ausbildung ganz zu schweigen.

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