Meinung Katalonien - Es braucht Vermittler und politischen Mut

Lange hatte der König geschwiegen, um dann harte Worte gegen die „Separatisten“ Kataloniens zu wählen, die das Bild eines Staatsstreiches zeichneten. Und die an jene historische TV-Ansprache erinnerten, mit der Felipes Vater, König Juan Carlos, im Februar 1981 einen Putsch des Militärs niederschlug.

Ein Kommentar von Ralph Schulze.

Ein Kommentar von Ralph Schulze.

Foto: Kai-Uwe Heinrich

Staatschef Felipe forderte Spaniens Regierung, Parlament und Justiz dazu auf, „die verfassungsmäßige Ordnung“ und die „Gültigkeit des Rechtsstaates“ in Katalonien sicherzustellen. Wie dies angesichts einer Separatistenregierung, die Spaniens Gesetze und Gerichte nicht mehr anerkennt, geschehen soll, sagte Felipe nicht.

Aber es gibt wenig Zweifel, dass seine Rede die indirekte königliche Lizenz dafür war, demnächst Spaniens schwerste Gesetzeskeule zu aktivieren: die zwangsweise Entmachtung der katalanischen Regierung. Artikel 155 der spanischen Verfassung erlaubt diesen schweren Eingriff in die regionale Autonomie, wenn die dortige Führung fortgesetzt gegen Gesetze sowie die Verfassung verstößt. Damit könnte Spaniens Regierung die Region befristet unter ihre Kontrolle stellen.

Das Abstimmungsergebnis in Katalonien wird wegen der irregulären Wahlbedingungen weder von Spanien noch von der internationalen Staatengemeinschaft anerkannt. Die katalanischen Separatisten werden sich dadurch jedoch nicht aufhalten lassen.

Katalonien hat sich in ein Pulverfass verwandelt. Das ist eine gefährliche Entwicklung für ganz Europa. Andere spanische Regionen wie das Baskenland, Valencia und die Balearischen Inseln mitsamt Mallorca sehen sich bereits beflügelt. Auch dort wächst der regionale Nationalismus, deren Vertreter bereits in allen drei Regionen mitregieren. Und auch dort gehen Nationalisten auf die Straße und forderten ein Unabhängigkeitsreferendum.

Jetzt müssen Lösungen her, vielleicht auch jene mit einer neutralen Vermittlerkommission, vielleicht sogar unter Schirmherrschaft der EU. Vielleicht ist ein Blick über den Tellerrand hilfreich: Im britischen Schottland oder im kanadischen Quebec durften die Bürger ganz legal per Referendum über die Unabhängigkeit abstimmen. In beiden Fällen entschied die Mehrheit gegen die Abspaltung. Um solche Abstimmungen zu erlauben, ist politischer Mut erforderlich. Und in Spanien der Wille, die Verfassung so zu reformieren, dass eine legale Volksabstimmung in Katalonien über die Eigenständigkeit der Region möglich wird.

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