JVA Remscheid: Kein Fehler im System

Zum Mord in der Justizvollzugsanstalt in Remscheid.

Im Volksmund werden sie manchmal abwertend als "Liebeszellen" bezeichnet. Doch die seit mehr als 20 Jahren im Strafvollzug des Landes eingeführten Langzeitbesuchsräume erfüllen einen wichtigen Zweck: Sie tragen wesentlich zur Resozialisierung der Gefangenen bei.

Trotz aller Biertisch-Bedenken bezüglich "Kuschel-Knast" oder "Haftanstalt-Bordellisierung" hat sich im Laufe der Jahre gezeigt, dass die dereinst von NRW-Justizminister Rolf Krumsiek (SPD) eingeführten Langzeitbesuchsräume nachweislich positive Effekte auf den Vollzug haben: Inhaftierte mit solchen Besuchskontakten verhalten sich weniger aggressiv gegenüber Mithäftlingen und Anstaltspersonal, sind allgemein psychisch stabiler - und entwickeln häufig sogar konkrete berufliche und private Pläne für die Zeit nach der Haft. Durch die Möglichkeit, ein Mal im Monat mindestens drei Stunden - oft auch länger - ungestört und unbeobachtet mit Angehörigen, Freund oder Freundin, verbringen zu können, können die Gefangenen in ihrem sozialen Umfeld integriert bleiben.

Seit 1990 steigt die Zahl dieser damals noch "Familienbegegnungsräume" genannten Bereiche ständig - und auch die Zahl der Besuche. 2009 wurden in den zwölf NRW-Justizvollzugsanstalten mit Langzeitbesuchsräumen insgesamt 9057 Langzeitbesuche ermöglicht; in der JVA Remscheid waren es in den sechs zur Verfügung stehenden Räumen allein 1750 Besuche.

Ein Tötungsdelikt - wie jetzt in Remscheid - hat es seit Einführung der Langzeitbesuchsräume noch nie gegeben. Bekannt geworden sind lediglich zwei Körperverletzungen, begangen von inhaftierten Männern mit bloßen Händen an sie besuchenden Ehefrauen. Der Grund dafür sind strenge Sicherheitsvorschriften, die in allen betreffenden Justizvollzugsanstalten gelten. Darin ist detailliert geregelt, welche Gefangenen die Räume nutzen dürfen, wer sie dort besuchen darf - und dass die Beteiligten vor Betreten des Raums zu kontrollieren sind.

In Remscheid ist eine solche Kontrolle offensichtlich nicht durchgeführt worden - obwohl sie eindeutig vorgeschrieben ist. Dies ist aber kein Fehler im System der Langzeitbesuchsräume, sondern schlicht menschliches Fehlverhalten - das selbstverständlich geahndet werden muss.

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