Meinung Grüne wollen Autobauer in die Pflicht nehmen

Die miesen Umfragewerte zur Landtagswahl Mitte Mai machen den Grünen in NRW mächtig Beine. Die Partei versucht jetzt dort zu punkten, wo ihr nach wie vor eine hohe Kompetenz attestiert wird — beim Thema Umwelt.

Jüngst kam der Vorschlag, ein Ticket für zwei Euro am Tag zur landesweiten Nutzung von Bus und Bahn einzuführen. Keine schlechte Idee gegen den Dauerstau auf den Autobahnen an Rhein und Ruhr, dem allein mit immer neuen Straßen sicher nicht beizukommen ist. Nur: Warum hat die rot-grüne Landesregierung binnen fünf Jahren in Sachen Ticket für alle nichts angeschoben?

Am Mittwoch legte Umweltminister Johannes Remmel ein besonders dickes grünes Paket auf den Tisch. Er forderte 15 Milliarden Euro von der Autoindustrie. Mit dem Geld sollen Betroffene des Abgas-Skandals entschädigt werden. Weitere fünf Milliarden Euro müsste der Bund ausgeben, damit weniger Stickoxide die Luft verpesten. Was nach grüner Wahlkampf-Spinnerei klingt, hat leider einen realen Hintergrund. Der bereits seit 2010 gültige EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft wird in etwa 80 deutschen Städten überschritten. Das macht die Menschen krank. Ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland läuft, denn der Musterschüler in Sachen Umweltschutz hat bei den Stickoxiden gründlich versagt.

Wer nach Schuldigen sucht, wird flott fündig: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und sein Vorgänger Peter Ramsauer, beide CSU. Es wäre ihre Aufgabe gewesen, die Autobauer in die Pflicht zu nehmen. Dass die schmutzigen Abgase der Diesel-Pkw im Alltagsbetrieb jene im Labor gemessenen Werte weit übersteigen, ist seit vielen Jahren bekannt. Wie sehr getrickst und getäuscht wird, hat die VW-Affäre offenbart. Bislang schont die Politik Deutschlands Hersteller. Für betroffene Autofahrer gibt es keine Entschädigung, kein Rückgaberecht. Zu viele Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Aber genau diese vielen Arbeitsplätze sind nicht mehr so sicher, wie fast alle glauben, weil deutsche Autobauer bei sauberen Motoren eben nicht erstklassig sind. Frühzeitiger Druck von der Politik wäre hilfreich gewesen. Insofern liegen die Grünen mit ihrem Vorstoß richtig, wenn das Ganze auch reichlich spät kommt. Was uns allen jetzt droht, sind Diesel-Fahrverbote, blaue Plaketten und jede Menge Ärger.

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