Es ist Zeit für eine ehrliche Analyse

Nordrhein-Westfalen debattiert über das Turbo-Abitur

Ein Kommentar von Wibke Busch.

Ein Kommentar von Wibke Busch.

Foto: Young David (DY)

Düsseldorf. Politiker scheuen in der Regel umfangreiche Reformen. Diese sorgen für Unruhe, für Widerstand bei den Betroffenen und in der Regel für höhere Kosten. Eine Ausnahme bildet da die Schulpolitik. Hier wird — angespornt nicht zuletzt durch den Pisa-Schock — seit Jahren reformiert auf Teufel komm raus. Oftmals übereilt, vielfach unterfinanziert. Und dazu auch noch in jedem Land völlig unterschiedlich. Das Ergebnis ist in erster Linie eine Verunsicherung von Schülern, Lehrern und Eltern.

Das Turbo-Abitur ist hierfür ein Paradebeispiel. Seit der Einführung sorgt es auch in Nordrhein-Westfalen für massive Kritik, die durch die neue bundesweite Debatte Auftrieb bekommt.

Für die Schulzeitverkürzung spricht heute wie vor neun Jahren, dass deutsche Schüler damit zum internationalen Standard aufschließen — in Zeiten von Globalisierung und Fachkräftemangel schneller ins Berufsleben einsteigen können.

Allerdings hat es von Anfang an Versäumnisse und damit große Probleme bei der Umsetzung dieser Schulreform gegeben. Das führte zu dem breiten Akzeptanzmangel — zumal mit G 9 an Gesamtschulen keine echte Alternative für die Eltern geboten wurde, die diese Schulform ablehnen.

Doch anstatt die neu entbrannte Debatte als Chance zu nutzen, Konsequenzen zu ziehen, verfällt die Politik erneut in Aktionismus. Nicht anders ist die Ankündigung von Schulministerin Sylvia Löhrmann von gestern zu werten. Nach langem Festhalten an G 8 kündigt sie einen Runden Tisch an — offenbar ohne Abstimmung mit dem Koalitionspartner und als Reaktion auf die wachsende Kritik und die Entwicklung in Niedersachsen. Kritiker fühlen sich von diesem Gremium aber gar nicht vertreten, und mit Blick auf die bundesweite Debatte greift der Vorstoß auch zu kurz.

Sinnvoller wäre es, das Thema auf die Tagesordnung der Kultusministerkonferenz zu setzen, deren Vorsitzende Löhrmann derzeit ist. Anstatt den bildungspolitischen Flickenteppich noch zu vergrößern, sollten sich die Länder eine ehrliche Analyse zum Turbo-Abitur gönnen und ein einheitliches Vorgehen vereinbaren. Dann könnte G 8 doch noch zum bundesweiten Erfolgsmodell werden.

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