Ersatzlehrer aus der Wirtschaft: Ein Armutszeugnis für die Politik

Wer hätte gedacht, dass der viel gescholtene Föderalismus in Bildungsfragen auch etwas Gutes hat? Bundesbildungsministerin Annette Schavan kann zwar öffentlichkeitswirksam dafür werben, dass hoch spezialisierte Fachkräfte als Aushilfslehrer in die Schulen gehen: Entscheiden kann sie es zum Glück nicht.

Das liegt allein in der Macht der Länder. Und die sollten Schavans Vorschlag - passend zum Aschermittwoch - genauso zu Grabe tragen wie die Karnevalisten ihren Nubbel.

Schavan stellt sich und der Politik mit diesem Vorstoß ein Armutszeugnis aus. Seit Jahren ist klar, dass Deutschland auf einen riesigen Lehrermangel zusteuert. Obwohl die Pensionierungswelle gerade erst anrollt, fehlen schon heute bundesweit bis zu 20000Lehrkräfte, fallen Woche für Woche zig Tausende Unterrichtsstunden aus. Mit der Folge, dass sich die Länder ein irrwitziges Wettbieten um junge Pädagogen liefern. Dabei ist das Problem hausgemacht.

Lehrer erfahren keine Wertschätzung für ihre Arbeit. Wer etwas auf sich hält, haut gerne einmal auf sie ein. So demotivierte das Gerede über die "faulen Säcke" (O-Ton Altkanzler Gerhard Schröder) auch den letzten engagierten Pädagogen. Fehlende Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten und die schlechte Bezahlung von Referendaren und angestellten Lehrern lässt zudem die Mehrzahl der Abiturienten ihr Glück in der freien Wirtschaft suchen. Und nun sendet Schavan auch noch das verheerende Signal aus, dass offenbar keine didaktischen Fähigkeiten nötig sind, um Schüler zu unterrichten. Getreu dem Motto: Ich komme mal eben aus dem Labor und zeige euch, wie Physik funktioniert. Dass Schule heute mehr denn je auch ein sozialpädagogischer Reparaturbetrieb ist, lässt Schavan kalt. Fachkräfte können nur eine sinnvolle Ergänzung zum Unterricht sein, um ökonomisches Wissen darzustellen, Einblicke in die Praxis zu geben und Schule mit der Wirtschaft zu verzahnen.

Aber es ist die Pflicht der Politik, den Lehrerberuf endlich attraktiver zu machen und Eignungsvoraussetzungen für Lehramtsanwärter zu formulieren. Dann sind auch Studien überflüssig, die Lehrern in schöner Regelmäßigkeit mangelnde Qualifikation, "Burn-out"-Symptome und eine fehlende Eignung für den Beruf bescheinigen.

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