Meinung Einzelhandel: Einheitsbrei hat keine Chance mehr

Was macht eine attraktive Innenstadt aus? Individuelle Geschäfte, ein vielfältiges Angebot und historisches Flair, antwortet eine Studie des Instituts für Handelsforschung (IFH) auf diese Frage. Dass die meisten Kunden genau das in vielen deutschen Städten nicht finden, belegt die Studie ebenfalls: Die Verbraucher geben den Citys im Durchschnitt gerade mal die Note befriedigend plus.

Es reicht eben nicht, wenn sich die immer gleichen Filialketten in den Einkaufsstraßen aneinanderreihen. Ein solches Angebot ist langweilig, beliebig und austauschbar — und leicht durch das Internet ersetzbar.

Dass der Online-Handel dem stationären Handel bisher nicht so stark wie befürchtet den Rang abläuft, hat daher nicht viel damit zu tun, dass die Innenstädte in Deutschland plötzlich so attraktiv geworden wären. Der wahre Grund liegt darin, dass die Nachfrage der Konsumenten in Deutschland derzeit ganz besonders hoch ist. Wer auf dem Sparkonto keine Zinsen bekommt, der gibt sein Geld eben aus. Und so kommen Onlinehandel und der klassische Einzelhandel beide bisher noch gut weg.

Doch dieser außergewöhnliche Nachfrageboom verschafft dem stationären Handel lediglich eine Atempause. Irgendwann wird die Nachfrage sinken, der Umsatzkuchen kleiner. Viele Kunden, die einmal ins Netz abgewandert sind, wird der stationäre Handel nicht mehr zurückgewinnen können. Haben Citys demnach keine Zukunft mehr?

Jein. Wenn sich die Verantwortlichen in den Städten — Politiker, Immobilienbesitzer und Einzelhändler — zusammentun und einen attraktiven Mix schaffen, honoriert der Kunde das. Zu diesem Mix gehört ein gastronomisches Angebot, das die Kunden auch nach Ladenschluss in die Stadt lockt. Das Erlebnis vor Ort, Begegnungen und persönliche Kontakte kann das Netz nicht ersetzen. Denn die Studie zeigt auch: Die größte Konkurrenz für eine Innenstadt geht noch nicht vom Online-Angebot aus, sondern von anderen, attraktiveren Städten. Wer also nur Einheitsbrei anbietet, der verspielt die Zukunft.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es Städte geben wird, in denen die Konsumnachfrage für ein attraktives Einzelhandelsangebot nicht mehr ausreicht. Dann darf es kein Tabu sein, über den Rückbau von Fußgängerzonen nachzudenken. Der Handelsexperte des IFH bringt es auf den Punkt: „Manche Kommunen werden besser daran tun, eine schöne Schlafstadt als eine hässliche Einkaufsstadt zu sein.“

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