Eine Flüchtlingspolitik, die keine ist

Der Bundesrat entscheidet über „sichere Herkunftsländer“

Ein Kommentar von Olaf Steinacker.

Ein Kommentar von Olaf Steinacker.

Foto: Young David (DY)

Knallen die Ländervertreter am Freitag im Bundesrat die Tür zu für Flüchtlinge aus den westlichen Balkanstaaten, müssen Asylsuchende aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina künftig noch schneller als bisher die Rückreise antreten. Meist handelt es sich bei ihnen um Roma, deren Anträge auf Asyl ohnehin zumeist abgelehnt werden. Bundesländer und die gebeutelten Kommunen, die heute unter den schutzsuchenden Menschen ächzen, sollen so finanziell entlastet werden.

Das eingesparte Geld soll verwendet werden, um die Lage für Flüchtlinge aus anderen Ländern — etwa dem krisengeschüttelten Nahen Osten — zu verbessern. Selbst NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) bezweifelt aber, dass dieser Effekt auch eintritt. Ohnehin ist fraglich, ob es tatsächlich darum geht. Zunächst soll den Grünen mit diesem Kuhhandel und weiteren Zugeständnissen die Zustimmung zu der Asylrechtsverschärfung schmackhaft gemacht werden.

Bloß kann von sicheren Herkunftsländern kaum die Rede sein. Flüchtlingsorganisationen gehen davon aus, dass große Teile der Roma-Bevölkerung in diesen Ländern in ihrer Existenz bedroht sind, fast alle werden diskriminiert und verfolgt. Die Drittstaaten-Regelung würde ihnen und anderen Minderheiten ohne individuelle Prüfung pauschal das Recht auf Asyl und Schutz entziehen.

Natürlich darf man überforderte Städte nicht im Stich lassen. Deren Nöte aber gegen den Schutz von verfolgten Menschen aufzurechnen, ist schäbig. Berlin ist in der Pflicht, Ländern und Kommunen zu helfen. Das kostet Mühe, das kostet vor allem Geld — um schnell dort auszuhelfen, wo der Bedarf am größten ist. Wuppertal und Duisburg sind solche Kandidaten. Mindestens ebenso wichtig ist aber eine vernünftige Flüchtlingspolitik, die die Probleme nicht von oben nach unten durchreicht.

Um einschätzen zu können, was auf dem Spiel steht, lohnt übrigens ein Blick in die Vergangenheit. Anfang der 90er Jahre wurde schon einmal eine hitzige Debatte geführt, die 1993 in der De-facto-Abschaffung des Asylrechts endete. Das Wort vom Scheinasylanten machte dabei die Runde. Zur gleichen Zeit zündeten — davon ermuntert — Neonazis in Mölln, Solingen und anderswo Häuser an.

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