Meinung Ein Kopftuchverbot ist der falsche Weg

Ich weiß, dass ich nichts weiß: Dieser Sokrates zugeschriebene Satz könnte auch auf den Vorstoß von NRW-Staatssekretärin Serap Güler (CDU) zutreffen, ein gesetzliches Verbot von Kopftüchern für Mädchen an Grundschulen durchzusetzen.

Denn tatsächlich würde dies bedeuten, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen, da sich das Problem an den Grundschulen in Nordrhein-Westfalen zurzeit faktisch nicht stellt. So verfügt das Schulministerium über keinen einzigen dokumentierten Fall, in dem Eltern ihre noch nicht religionsmündige Tochter gezwungen hätten, in der Grundschule ein Kopftuch zu tragen. Ebenso wenig gibt es fundierte Erkenntnisse darüber, ob dadurch der Schulfrieden beeinträchtigt würde.

Dabei muss man die Problematik differenziert betrachten: In der Sache hat Güler Recht mit ihrem Anliegen, dass ein Kopftuch bei Kindern an der Grundschule nichts zu suchen hat. Auch ist ihre Argumentation zutreffend, dass dies Mädchen aus dem islamischen Kulturkreis frühzeitig sexualisieren und um ihr Recht bringen würde, frei und selbstbestimmt darüber zu entscheiden, ob und wie sie ihre Religion ausüben möchten.

Nun hat Serap Güler türkische Wurzeln, ist selbst Muslimin. Es ist erst mal ein starkes Signal, wenn eine Frau aus dem islamischen Kulturkreis sich klar gegen eine politische Instrumentalisierung ihrer Religion stemmt. Kinder haben ein Recht darauf, ihre Persönlichkeit frei von religiösen Zwängen zu entfalten. Mag das Kopftuch für Musliminnen heute auch ganz unterschiedliche Bedeutungen besitzen, bleibt es doch Symbol eines politischen Islam, in dem keine Gleichberechtigung herrscht und die Sexualität von Frauen auf doppelmoralische Weise dämonisiert wird. Auch das ist ein Teil der Wahrheit. Junge Frauen sollten deshalb die notwendige Reife besitzen, wenn sie sich aus freien Stücken für das Kopftuch entscheiden.

Dennoch ist ein Verbot der falsche Weg. Denn dies würde nicht nur rechtliche Fallstricke bergen, sondern auch muslimische Familien unter Generalverdacht stellen und eher zur Spaltung der muslimischen Gemeinschaft als zur Integration beitragen. Denn aus Loyalität zu den Eltern würden Mädchen dann außerhalb der Schule wohl erst recht das Kopftuch tragen, was Parallelgesellschaften fördern würde.

Besser ist es, auf Kooperation mit den muslimischen Familien zu setzen und einen qualifizierten Islamunterricht anzubieten. Damit erreicht man am Ende mehr als mit der Verbotskeule.

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