Ein empfindlicher Riss im Nato-Bündnis

Machen wir uns nichts vor: Nach sieben Jahren Krieg in Afghanistan kann die Nato nicht viel mehr vorweisen als getötete und traumatisierte Soldaten plus horrender Geldausgaben. Und ausgerechnet Anfang 2010, wo erstmals militärische Erfolge gegen die Führungsstruktur der Taliban sichtbar werden, zeigt das Bündnis empfindliche Risse.

In den Niederlanden ist nun die Regierungskoalition an der Afghanistanfrage zerbrochen - ein Alarmzeichen.

Hollands christdemokratischer Premier Balkenende hatte keine Chance mehr. Selbst ein beim Nato-Generalsekretär bestellter Bittbrief, Den Haag möge doch seine Soldaten wenigstens bis 2011 im Süden Afghanistans belassen, fand beim sozialdemokratischen Regierungspartner kein Gehör. Im Koalitionsvertrag ist der Truppenabzug für Ende 2010 festgelegt, die Niederländer sind kriegsmüde - und in zwei Wochen sind Kommunalwahlen.

Das Dilemma ist groß für die Afghanistan-Koalition. Eine neue Strategie sieht vor: Letztmalige Aufstockung der Truppe, Fokus auf die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte im eigenen Land, um dann ab 2011 nach und nach abzuziehen. Diese Rechnung geht nun nicht mehr auf. Während Berlin zähneknirschend noch einmal 850 Soldaten zugesagt hat, holen die Niederländer ihre 1800 Köpfe starke Truppe nach Hause. Endgültig.

Welches Echo dieser holländische Paukenschlag in Deutschland haben wird, lässt sich noch nicht vorhersehen. Zwar hat 2002 Rot-Grün die ersten deutschen Soldaten nach Afghanistan geschickt. Aber seit sich zeigt, dass aus der "Stabilisierungsmission" längst ein Kampfeinsatz geworden ist, bröckelt der parlamentarische Konsens. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Steinmeier spielt inzwischen mit dem Gedanken, den deutschen Anteil an der Ausbildung der Afghanen in Deutschland zu leisten. Der Beginn einer Grundsatz-Debatte.

Und die Nachbarn in Holland? Die haben einen chaotischen Wahlkampf in einer heillos zersplitterten Parteienlandschaft vor sich. Gut möglich, dass am Ende nicht die Christdemokraten und nicht die Sozialdemokraten, sondern die Rechtspopulisten der "Freiheitspartei" PVV als lachende Dritte das Rennen machen. Dann dürfte den Holländern das Lachen vergehen.

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