Die Stunde der Fundamentalisten

Christen sind die meistverfolgte Religionsgemeinschaft

Das Ergebnis des Referendums in Ägypten dürfte nun auch dem letzten Träumer die Augen geöffnet haben. Der „Arabische Frühling“ hat nichts mit Demokratisierung zu tun. Ägypten ist von Demokratie nach westlichem Vorbild heute weiter entfernt als zu Mubaraks Zeiten. Und das will etwas heißen.

Während Kairo im Zentrum des weltpolitischen Interesses steht und Präsident Mursi sein Land immer stärker unter die Knute der Scharia zwingt, ereignen sich in anderen Ländern Afrikas und in Asien wahre Dramen. Und immer häufiger sind Christen die Leidtragenden. Experten zufolge sind sie mittlerweile die meistverfolgte Religionsgemeinschaft weltweit. In Kenia, Nigeria, Mali, Sansibar und im Irak sterben Menschen, weil sie zu ihrem Gott beten. Kirchen werden niedergebrannt, Schulen zerstört. Selbst in der Türkei, das an die Tür zur Europäischen Union klopft, fühlen sich Christen verfolgt. Anschläge auf Priester und Missionare verstärken ihre Angst.

Fakten wie diese können Vorurteile gegen den Islam im Allgemeinen schüren. Dann aber wären sie falsch interpretiert worden. Den Salafisten oder Islamisten, die den Finger am Abzug haben, mag es noch um missverstandenen Glauben gehen. Aber hinter ihnen stehen Organisationen, die ganz andere Interessen verfolgen. Wem das nun bekannt vorkommt, der hat gut aufgepasst, als in der Schule die Geschichte des Christentums gelehrt worden ist. Kreuzzüge und Inquisition waren nicht gerade Sternstunden des abendländischen Glaubens.

Die Waffen sind heute andere, die Methoden nicht. Die Mursis der islamischen Welt setzen alles daran, ihre Macht zu stärken und zu erhalten. Mit Islam und Koran hat das im Grunde nichts zu tun. In den Städten Ägyptens wissen die Menschen das und begehren auf. Die Landbevölkerung hingegen folgt eher dem Ruf der Fundamentalisten, weil politische Willensbildung dort kaum gefördert wird. Ähnlich verhält es sich in vielen anderen Staaten, in denen Christen oder andere Religionsgemeinschaften leiden.
Dennoch ist Glaube nicht Opium fürs Volk, er schadet nicht. Der Glaube an Gott, Allah oder Buddha kann Orientierung, Trost und Rückhalt geben. Gefährlich wird er nur dort, wo er Freiheit, Allgemeinbildung und Weltoffenheit ersetzt.

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