Meinung Die Schweiz und der Schutz der Steuerbetrüger

Es ist ein ungeheuerlicher Vorwurf: Die Schweiz soll einen Spitzel in der Finanzverwaltung von NRW platziert haben, um herauszufinden, wie deutsche Behörden beim Ankauf von Steuer-CDs vorgehen. Angeblich wurden deutsche Steuerbeamte vom Schweizer Geheimdienst bestochen.

Die auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse sollen die Grundlage für mehrere Haftbefehle der Schweizer Justiz gegen deutsche Steuerfahnder sein. Was sich wie das fiktive Drehbuch für einen Agententhriller anhört, ist vermutlich einfach nur die Wahrheit.

Den Behörden und Banken in der Schweiz geht es seit Jahren gegen den Strich, dass die deutschen Fahnder CDs mit den Daten von Steuerbetrügern kaufen. Weil es diese Informationen gibt, haben sich seit 2010 bundesweit deutlich mehr als 120 000 Menschen wegen Steuerhinterziehung selbst angezeigt. Daraus ergaben sich Mehreinnahmen von etwa sieben Milliarden Euro. Die Angst, auf den Steuer-CDs entdeckt zu werden, hilft der Ehrlichkeit mächtig auf die Sprünge. Es ist ein Skandal und politisch nicht hinnehmbar, wenn die Schweiz ihren Geheimdienst auflaufen lässt, um die Enttarnung von Betrügern zu verhindern. Denn das, was die Schweiz glaubt schützen zu müssen, ist nichts weiter als ein kriminelles Geschäftsmodell namens Steuerhinterziehung und Beihilfe. Der Allgemeinheit werden Milliarden entzogen, die zum Beispiel für Schulen, Straßen und Krankenhäuser fehlen.

Dass NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) bei der Jagd nach Steuersündern eine Vorreiterrolle übernommen hat, kann die rot-grüne Landesregierung auf der Habenseite verbuchen. Längst ist die anfängliche Kritik am Kauf der Steuer-CDs mit illegal erworbenen Daten verstummt. So betont Marcus Optendrenk, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, dass seine Partei bei einem Regierungswechsel nichts an dieser Politik ändern werde. Das hören vor allem die Steuerfahnder in Wuppertal gerne. Sie gelten als Hotspot beim Kampf gegen den Steuerbetrug in diesem Land. Ob es um das Verstecken von Schwarzgeldern im großen Stil in Panama geht oder um Verfehlungen einfacher oder prominenter Steuertrickser — die Experten aus dem Bergischen hatten fast immer die Finger im Spiel. Peter Beckhoff, Chef der Wuppertaler Steuerfahnder, geht mit 67 Jahren in wenigen Wochen in Rente. Sein Team wird die Arbeit fortsetzen. Hoffentlich ohne Störungen aus der Schweiz.

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