Die Geschmeidigkeit der Hannelore Kraft

Geänderte Position zur Energiewende und Koalition in Berlin

Die Grünen in NRW dürften dieses Wochenende schlecht geschlafen haben, und sie werden es auch künftig tun. Denn SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat ihnen mit ihrer ziemlich heftigen politischen Wende zwar nicht direkt den Krieg erklärt, aber sie erschüttert die Grundfeste der rot-grünen Koalition in Düsseldorf.

Wenn sie jetzt eine zügige Energiewende nicht mehr so wichtig findet und stattdessen Arbeitsplätzen und bezahlbarer Energie Priorität einräumt, schlägt sie vor allem zwei Grüne vor den Kopf: ihrer stellvertretenden Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann und NRW-Umweltminister Johannes Remmel.

Wobei die politische Seite der Wandlung klar scheint. Hannelore Kraft hat sich mit der für sie kniffligen Lage abgefunden, dass sie mit den Grünen regiert, im Bund aber alles auf eine große Koalition zuläuft. Nachdem sie zuerst versuchte, das Bündnis in Berlin zu verhindern, hat sie die Aussichtslosigkeit dieses Plans eingesehen. Taktisch klug setzt sie sich jetzt sogar an die Spitze der Befürworter einer großen Koalition.

Und dazu gehört, dass die von ihr angeführte Arbeitsgruppe Energie diese Woche in entspannter Atmosphäre auf die Union trifft. Innerparteilich irritiert sie damit nur kurzfristig ihre Genossen. Langfristig zeigt Kraft mit ihrer Geschmeidigkeit eher Führungsstärke. So etwas kennt die Politik ja von Kanzlerin Angela Merkel zur Genüge.

Inhaltlich ist es sogar logisch, wenn die Ministerpräsidentin des Industrielandes NRW zeigt, wie realistisch sie denken kann. Ihr muss das Wohl von RWE oder der Stahlindustrie samt Mitarbeitern am Herzen liegen.

Nebenbei stärkt sie jetzt ihrem Wirtschaftsminister Garrelt Duin den Rücken. Ihn hatte sie einst nach NRW geholt — und er schien bislang mit seinen wenig ideologischen Positionen in der Regierung etwas isoliert.

Kraft dürfte einsehen: Erneuerbare Energien sind toll, aber sie müssen bezahlbar und sinnvoll sein. Noch mehr riesige Solarfelder und Windräder wären ästhetisch vielleicht tolerierbar.

Solange deren Energie wegen mangelnder Speichermöglichkeiten nicht zuverlässig ist, ist aber zu große Eile bei der Energiewende riskant. Wir werden wohl noch etwas länger mit — noch hässlicheren — Kohlekraftwerken leben müssen.

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