Die Erneuerung der SPD steht noch aus

Stephan Weil hat der SPD wieder Zuversicht eingehaucht. Parteichef Martin Schulz kam am Wahlabend geradezu ins Schwärmen über den erfolgreichen Niedersachsen und sprach von „Rückenwind“ für die Partei.

 Stefan Vetter.

Stefan Vetter.

Natürlich meinte er damit auch sich selbst. Schulz kann erst einmal durchatmen. Aber die Hände in den Schoß legen kann er nicht. Denn unter dem Strich war es ein Katastrophenjahr für die Genossen. Schulz ist erst seit März im höchsten Parteiamt, hat aber bereits vier Wahlniederlagen zu verantworten. Der Erfolg am Sonntag in Hannover war da nur noch ein Ehrentreffer. Weil auch die SPD auf die Niedersachsen-Wahl gewartet hatte, ist der viel beschworene Erneuerungsprozess bei ihr noch nicht wirklich in Gang gekommen. Nun gibt es keinen Grund mehr zur Zurückhaltung.

Sicher, ein paar Personalentscheidungen wurden schon gefällt. Andrea Nahles ist die neue Fraktionschefin, der vielen eher noch unbekannte Haushaltsexperte Carsten Schneider ihr Parlamentarischer Geschäftsführer. Aber auf der Parteiebene gibt es viele Fragezeichen. Fest steht nur, dass Hubertus Heil vom Posten des Generalsekretärs scheidet und Weil künftig mehr Gewicht in der Bundespartei haben wird. Personen mit Charisma sind rar in der SPD. Deshalb könnte Weil Parteivize an Stelle von Hannelore Kraft werden, die bei der NRW-Wahl im Mai regelrecht untergegangen war. Allerdings gilt dafür auch die in Rheinland-Pfalz erfolgreiche Regierungschefin Malu Dreyer als Anwärterin. Inhaltlich ist damit ohnehin noch nichts geklärt.

Den Bundestagswahlkampf hat die SPD mit linken Botschaften bestritten. Weil dagegen ist eher von konservativem Gemüt. Und sein Wahlerfolg gibt ihm recht. Schon deshalb dürften der SPD noch harte Auseinandersetzungen über ihre programmatische Ausrichtung bevorstehen. Nicht nur in der Sozial-, sondern zum Beispiel auch in der Flüchtlingspolitik. So wie sich die Jamaika-Koalition zusammenfinden muss, genauso muss sich die SPD in der Opposition sortieren. Zumal die Linkspartei dort gefühlt schon immer sitzt und sich in ihren sozialen Umverteilungsforderungen nicht übertreffen lässt. Hinzu kommt, dass sich die SPD als Regierungspartei im Wartestand begreifen wird, das Problem aber darin besteht, keine realistische Machtperspektive jenseits einer ungeliebten großen Koalition zu haben. Also wird die SPD ihr schwieriges Verhältnis zur Linkspartei klären müssen.

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