Meinung Das Leid der Sparer

Die Deutschen sparen unverdrossen. Obwohl die Zinsen meist nur knapp über null liegen, bleibt die Sparquote stabil bei zehn Prozent. Vom verfügbaren Einkommen wandert also jeder zehnte Euro auf die hohe Kante.

Das ist deshalb so erstaunlich, weil die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen im Euroraum wegen der mauen Konjunktur quasi abgeschafft hat. EZB-Chef Mario Draghi gilt vielen deshalb als Buhmann, der die deutschen Sparer enteignet. Dabei ist bislang nichts dergleichen geschehen. Zwar werfen Sparbücher und Tagesgeldkonten praktisch keine Zinsen ab, aber es gibt auch so gut wie keine Inflation. Das Geld hat seinen Wert also behalten.

Damit dürfte es allerdings bald vorbei sein. Die Teuerungsrate in Deutschland soll im nächsten Jahr auf 1,5 Prozent steigen. So sagen es Währungsfonds und Zentralbank voraus. Was dagegen ganz sicher nicht steigen wird, sind die Zinsen. Denn Draghi wird den Euroraum weiter mit billigem Geld fluten, bis die Inflation in allen Ländern anzieht. Bisher ist das nur in Deutschland der Fall, weil hierzulande die Wirtschaft gut läuft und der Spielraum für höhere Preise gegeben ist. Inflation ohne Zins bedeutet für die Sparer: Ihre Rücklagen verlieren an Wert, die Kaufkraft sinkt. Nur wer in Aktien und Immobilien investiert, profitiert von steigenden Preisen. Die meisten Deutschen scheuen aber nach wie vor das Risiko.

Der Alternative für Deutschland (AfD) kommt diese Entwicklung im Wahljahr 2017 sehr gelegen. Die Partei stammt aus der Anti-Euro-Bewegung und kann dieses fast vergessene Thema wieder nach vorne schieben. Vielen Sparern, die sich über die Geldentwertung ärgern, dürfte das gefallen. Gut möglich, dass sich der Unmut sogar in Stimmen für die AfD auszahlt. Zwar gibt es reichlich gute Gründe für den Euro. Aber den anderen Parteien gelingt es nicht, Pro-Argumente glaubhaft zu vertreten. Das läuft bei den Themen EU, Ceta oder TTIP im Übrigen ganz ähnlich.

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