Meinung Cameron und seine "Panama Papers": Moral und Glaubwürdigkeit

Die Reaktion von Politikern auf Skandale, die sie selbst betreffen, folgt gerne einem bestimmten Muster: Abstreiten, kleinreden — und höchstens so viel zugeben, wie gerade enthüllt worden ist. Insofern ist der britische Premier keine Ausnahme.

Meinung: Cameron und seine "Panama Papers": Moral und Glaubwürdigkeit
Foto: Sergej Lepke

David Cameron wollte seine „Panama Papers“ als Privatsache unter den Teppich kehren, er hat sein Volk belogen, seine Glaubwürdigkeit verspielt, Vertrauen verloren. Das ist auch in anderen Fällen vorgekommen — und nicht selten endeten diese mit Rücktritten.

Doch Camerons verheimlichten Offshore-Investitionen bergen weit mehr politischen Sprengstoff, als das sowieso schon der Fall wäre, und dieser geht weit über die britische Insel hinaus. Die Briten stimmen am 23. Juni darüber ab, ob Großbritannien in der EU bleiben soll. Cameron gilt als Befürworter eines Verbleibs. Sein Volk — und selbst eine Reihe seiner Parteikollegen — würden Europa lieber früher als später den Rücken kehren. Wie soll dieser Premier noch überzeugen? Andererseits: Tritt er direkt zurück, wäre die Schlacht wohl verloren.

Und ein „Brexit“ würde die EU direkt an den Abgrund katapultieren. Griechenland-Pleite, Flüchtlingskrise und IS-Terror haben bereits gezeigt, dass europäische Zusammenarbeit und Solidarität kaum noch existieren. Dafür greifen nationalistische Tendenzen um sich. Und es wird deutlich, dass einige Länder gerne von der Gemeinschaft profitieren, aber nichts geben wollen. Die EU in dieser tiefen Krise ohne die Briten? Fast undenkbar.

Die Wirkung, die all das auf die Bürger in der EU hat, ist verheerend. Diese erleben eine politische Elite, die Moral predigt — und glaubt, dass eben diese Moral für sie selbst nicht gilt. Oder dass sie diese beliebig auslegen kann. Wie sonst ist es zu erklären, dass Politiker wie Cameron solche Risiken für vergleichsweise kleine Summen eingehen? Um das Geld kann es da nicht gehen.

In dieser Lage ist es für Radikale leicht, Europa zu destabilisieren. Die Demokratie wird auf eine harte Probe gestellt.

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