Auslandseinsätze: Verweigern ist keine gute Option

Deutsche sind gegen stärkeres Auslandsengagement.

Kommentar von Peter Lausmann.

Kommentar von Peter Lausmann.

Foto: Nanninga, Bernd (bn)

Die deutsche Politik will international mehr Verantwortung übernehmen. Zuletzt haben vor allem Bundespräsident Joachim Gauck und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) einen solchen Anspruch formuliert. Doch die Bevölkerung will diesen Weg offenbar nicht mitgehen. Drei von fünf Bürgern sprechen sich gegen mehr Engagement aus.

Zugleich sieht aber eine große Mehrheit die Notwendigkeit, für Frieden und Sicherheit in Europa sowie gegen Völkermord vorzugehen. Was wie ein Paradoxon klingt, ist in erster Linie ein Vermittlungsproblem. Außenpolitik entwickelt sich so schnell, dass sie nicht mehr ausreichend erklärt werden kann. Doch das ist wichtig, denn die Deutschen müssen sich bewusst sein: Das Land ist auch für sein Nichthandeln verantwortlich.

Dass sich vor 20 Jahren noch weit mehr für eine aktivere Rolle Deutschlands aussprachen, ist ein schlechter Maßstab: 1994 lebten die Deutschen von der sogenannten Friedensdividende nach dem Ende des Kalten Krieges. Das Massaker von Srebrenica, den 11. September, 13 Jahre Bundeswehreinsatz in Afghanistan — all das schien damals unvorstellbar. Insofern sind die Deutschen vielleicht nur realistischer geworden, weil auch sie wieder tote Soldaten zu beklagen hatten. Und sie sind kritischer. Peter Strucks Satz „Deutschlands Sicherheit wird am Hindukusch verteidigt“ wird heute längst nicht mehr einfach so hingenommen.

Deutschland ist keine Insel. Es ist das stärkste und wichtigste Mitglied der EU, es ist einer der größten Akteure der Weltwirtschaft. Die Forderungen der internationalen Partner nach mehr Beteiligung Berlins ist deshalb berechtigt. Deutschland profitiert von den politischen Strukturen und es muss seinen Einfluss geltend machen, um mitgestalten zu können — diplomatisch, wirtschaftlich und als allerletzte Option militärisch.

Statt sich zu verweigern, muss Deutschland seine internationale Rolle finden und akzeptieren — im Sinne Europas und im Sinne der Demokratien. Nach innen muss diese Rolle und ihre Folgen gegenüber den Bürgern aber immer wieder kritisch erläutert und begründet werden. Denn letztlich lässt sich keine Politik gegen die eigenen Bürger machen.

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